idw – Informationsdienst Wissenschaft

Nachrichten, Termine, Experten

Grafik: idw-Logo
Science Video Project
idw-Abo

idw-News App:

AppStore

Google Play Store



Instanz:
Teilen: 
29.04.2024 11:03

Forschende aus Bonn und Dänemark haben den "Aus-Schalter" des braunen Fettes gefunden

Dr. Inka Väth Kommunikation und Medien
Universitätsklinikum Bonn

    Forschende des Universitätsklinikums Bonn (UKB), der Universität Bonn, der Universität Süddänemark und das Novo Nordisk Center for Adipocyte Signaling (SDU)haben ein Protein gefunden, das für die Abschaltung der Aktivität des braunen Fettes verantwortlich ist. Diese neue Entdeckung könnte zu einer vielversprechenden Strategie zur sicheren Aktivierung des braunen Fettgewebes und zur Bekämpfung von Fettleibigkeit und damit verbundenen Gesundheitsproblemen führen. Die Ergebnisse der Studie sind jetzt im Fachmagazin „Nature Metabolism“ veröffentlicht.

    Braunes Fett, auch bekannt als braunes Fettgewebe (BAT), ist eine Art von Fett in unserem Körper, das sich von dem uns vertrauten weißen Fett um Bauch und Oberschenkel unterscheidet. Braunes Fett hat eine besondere Aufgabe: Es hilft dabei, die Kalorien aus der Nahrung in Wärme umzuwandeln. Das ist vor allem dann hilfreich, wenn wir kalten Temperaturen ausgesetzt sind, wie beim Schwimmen im Winter oder bei der Kältetherapie. Lange Zeit ging man davon aus, dass nur kleine Tiere wie Mäuse sowie Neugeborene braunes Fett haben. Neue Forschungsergebnisse zeigen jedoch, dass eine bestimmte Anzahl von Erwachsenen ihr braunes Fett ein Leben lang behält. Da braunes Fett so gut Kalorien verbrennt, versuchen Forschende, Wege zu finden, es auf sichere Weise zu aktivieren, indem sie Medikamente einsetzen, die seine wärmeproduzierenden Fähigkeiten steigern.

    Eine neue Studie der Forschungsgruppen von Prof. Jan-Wilhelm Kornfeld von der Universität Süddänemark und dem Novo Nordisk Center for Adipocyte Signaling sowie von Prof. Dagmar Wachten vom UKB und der Universität Bonn hat herausgefunden, dass braunes Fett einen bisher unbekannten eingebauten Mechanismus hat, der es kurz nach seiner Aktivierung abschaltet. Dies schränkt seine Wirksamkeit bei der Behandlung von Fettleibigkeit ein. Laut der Erstautorin der Studie, Hande Topel, die als Senior Postdoktorandin an der Universität Süddänemark und dem Novo Nordisk Center for Adipocyte Signaling (Adiposign) arbeitet, hat das Team nun ein Protein entdeckt, das für diesen Abschaltprozess verantwortlich ist. Es trägt die Bezeichnung "AC3-AT".

    Blockierung des „Aus-Schalters“ eröffnet neue Strategie

    "Wir denken, dass die Inhibierung von AC3-AT eine vielversprechende Strategie zur sicheren Aktivierung von braunem Fett und zur Bekämpfung von Fettleibigkeit und damit verbundenen Gesundheitsproblemen sein könnte", sagt Hande Topel. Das Forschungsteam fand das Abschaltprotein mit Hilfe einer fortschrittlichen Technologie zur Vorhersage unbekannter Proteine. Hande Topel erklärt: "Als wir Mäuse untersuchten, die genetisch nicht über AC3-AT verfügten, stellten wir fest, dass sie vor Fettleibigkeit geschützt waren, zum Teil weil ihr Körper einfach besser Kalorien verbrennt und in der Lage war, ihre Stoffwechselrate durch die Aktivierung von braunem Fett zu erhöhen.“

    Zwei Gruppen von Mäusen wurden 15 Wochen lang mit einer fettreichen Diät gefüttert, was sie fettleibig machte. Die Gruppe, bei der das AC3-AT-Protein entfernt wurde, nahm weniger Gewicht zu als die Kontrollgruppe und war metabolisch gesünder. "Die Mäuse, die kein AC3-AT-Protein haben, sammelten auch weniger Fett in ihrem Körper an und steigerten ihre Magermasse im Vergleich zu den Kontrollmäusen", ergänzt Co-Autorin Ronja Kardinal, Doktorandin der Universität Bonn in der Arbeitsgruppe von Prof. Dagmar Wachten am UKB.: "Da AC3-AT nicht nur bei Mäusen, sondern auch bei Menschen und anderen Spezies vorkommt, ergeben sich daraus direkte therapeutische Konsequenzen für den Menschen.“

    Hoffnung auf Strategien, die das Abnehmen unterstützen

    Obwohl die Prävalenz von braunem Fett mit zunehmendem Alter des Menschen abnimmt und Erwachsene nicht so viel braunes Fett wie Neugeborene haben, kann es dennoch aktiviert werden, beispielsweise durch Kälteeinwirkung. Es erhöht die Stoffwechselrate dieser Personen, was wiederum dazu beitragen kann, die Gewichtsabnahme bei (zu) hoher Kalorienzufuhr zu stabilisieren. Interessanterweise wurde in dieser Studie nicht nur AC3-AT identifiziert, bei dem es sich um eine kürzere, bisher unbekannte Form des AC3-Proteins handelt. Die Forscher identifizierten auch andere unbekannte Protein-Genversionen, die ähnlich wie AC3-AT auf Kälteeinwirkung reagieren. "Es sind jedoch noch weitere Forschungen erforderlich, um die therapeutische Wirkung dieser alternativen Genprodukte und ihre Regulierungsmechanismen während der BAT-Aktivierung aufzuklären", sagt Co-Korrespondenzautorin Prof. Dagmar Wachten, Co-Direktorin des Instituts für Angeborene Immunität am UKB und Mitglied im Exzellenzcluster ImmunoSensation2 sowie in den Transdisziplinären Forschungsbereichen (TRA) „Modelling“ und „Life & Health“ der Universität Bonn.

    "Das Verständnis dieser Art von molekularen Mechanismen wirft nicht nur ein Licht auf die Regulierung des braunen Fettgewebes, sondern verspricht auch, ähnliche Mechanismen in anderen zellulären Stoffwechselwegen zu entschlüsseln. Dieses Wissen kann dazu beitragen, unser Verständnis verschiedener Krankheiten zu verbessern und neue Behandlungsmethoden zu entwickeln", sagt Co-Korrespondenzautor Prof. Jan-Wilhelm Kornfeld von der Universität Süddänemark.

    Diese Studie wurde im Rahmen des DFG-Sonderforschungsbereichs Transregio-SFB 333 "Braunes und beiges Fett - Organinteraktionen, Signalwege und Energiebilanz (BATenergy)" durchgeführt, der ein besseres Verständnis der verschiedenen Arten von Fettgewebe und ihrer Rolle bei Stoffwechselerkrankungen anstrebt, sowie des Novo Nordisk Foundation Center for Adipocyte Signaling (Adiposign) an der SDU, das ein Verständnis der Fettzelldysfunktion in Modellorganismen und bei adipösen Patienten anstrebt.

    Publikation: Sajjad Khani, Hande Topel, Ronja Kardinal et al; Cold-induced expression of a truncated Adenylyl Cyclase 3 acts as rheostat to brown fat function; Nature Metabolism;
    DOI: 10.1038/s42255-024-01033-8
    https://www.nature.com/articles/s42255-024-01033-8

    Pressekontakt:
    Dr. Inka Väth
    stellv. Pressesprecherin am Universitätsklinikum Bonn (UKB)
    Stabsstelle Kommunikation und Medien am Universitätsklinikum Bonn
    Telefon: (+49) 228 287-10596
    E-Mail: inka.vaeth@ukbonn.de

    Zum Universitätsklinikum Bonn: Im UKB werden pro Jahr etwa 500.000 Patient*innen betreut, es sind ca. 9.000 Mitarbeiter*innen beschäftigt und die Bilanzsumme beträgt 1,6 Mrd. Euro. Neben den 3.500 Medizin- und Zahnmedizin-Studierenden werden pro Jahr 550 Personen in zahlreichen Gesundheitsberufen ausgebildet. Das UKB steht im Wissenschafts-Ranking sowie in der Focus-Klinikliste auf Platz 1 unter den Universitätsklinika (UK) in NRW und weist den dritthöchsten Case Mix Index (Fallschweregrad) in Deutschland auf. Das F.A.Z.-Institut hat das UKB 2022 und 2023 als begehrtesten Arbeitgeber und Ausbildungs-Champion unter den öffentlichen Krankenhäusern in Deutschland ausgezeichnet.


    Wissenschaftliche Ansprechpartner:

    Prof. Dagmar Wachten
    Institut für Angeborene Immunität am Universitätsklinikum Bonn (UKB)
    Exzellenzcluster ImmunoSensation2, TRA “Modelling” & „Life & Health“, Universität Bonn
    Telefon: (+49) 228/ 287-51978
    E-Mail: Dagmar.Wachten@ukbonn.de

    Prof. Jan-Wilhelm Kornfeld
    Center for Adipocyte Signaling (ADIPOSIGN)
    Department of Biochemistry and Molecular Biology, University of Southern Denmark.
    Telefon: +45 9350 7481
    E-Mail: janwilhelmkornfeld@bmb.sdu.dk


    Originalpublikation:

    Sajjad Khani, Hande Topel, Ronja Kardinal et al; Cold-induced expression of a truncated Adenylyl Cyclase 3 acts as rheostat to brown fat function; Nature Metabolism;
    DOI: 10.1038/s42255-024-01033-8


    Weitere Informationen:

    https://www.nature.com/articles/s42255-024-01033-8 Publikation


    Bilder

    Forschende aus Bonn und Dänemark haben den "Aus-Schalter" des braunen Fettes gefunden: (v. li) Prof. Dagmar Wachten und Ronja Kardinal im Labor
    Forschende aus Bonn und Dänemark haben den "Aus-Schalter" des braunen Fettes gefunden: (v. li) Prof. ...
    Rolf Müller
    Universitätsklinikum Bonn (UKB)

    Grafik zu braunen Fettdepots
    Grafik zu braunen Fettdepots

    Universität von Süddänemark


    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten
    Medizin
    überregional
    Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
    Deutsch


     

    Forschende aus Bonn und Dänemark haben den "Aus-Schalter" des braunen Fettes gefunden: (v. li) Prof. Dagmar Wachten und Ronja Kardinal im Labor


    Zum Download

    x

    Grafik zu braunen Fettdepots


    Zum Download

    x

    Hilfe

    Die Suche / Erweiterte Suche im idw-Archiv
    Verknüpfungen

    Sie können Suchbegriffe mit und, oder und / oder nicht verknüpfen, z. B. Philo nicht logie.

    Klammern

    Verknüpfungen können Sie mit Klammern voneinander trennen, z. B. (Philo nicht logie) oder (Psycho und logie).

    Wortgruppen

    Zusammenhängende Worte werden als Wortgruppe gesucht, wenn Sie sie in Anführungsstriche setzen, z. B. „Bundesrepublik Deutschland“.

    Auswahlkriterien

    Die Erweiterte Suche können Sie auch nutzen, ohne Suchbegriffe einzugeben. Sie orientiert sich dann an den Kriterien, die Sie ausgewählt haben (z. B. nach dem Land oder dem Sachgebiet).

    Haben Sie in einer Kategorie kein Kriterium ausgewählt, wird die gesamte Kategorie durchsucht (z.B. alle Sachgebiete oder alle Länder).