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22.11.2013 01:01

Jod-Versorgung über die Muttermilch

Angelika Jacobs Hochschulkommunikation
Eidgenössische Technische Hochschule Zürich (ETH Zürich)

    Jod-Mangel hat bei Babys gravierende Folgen. Die WHO empfiehlt stillenden Müttern ohne Zugang zu jodiertem Salz eine Jod-Kapsel zu schlucken, die ein Jahr lang sie und übers Stillen auch das Kind versorgen soll. Forschende der ETH Zürich prüften erstmals, wie wirksam diese Massnahme ist.

    Jod ist für den menschlichen Körper unentbehrlich. Insbesondere bei Säuglingen ist dieses Spurenelement kritisch für eine gesunde Entwicklung. Wachstumsstörungen und Schäden am Nervensystem können die Folge eines Mangels sein. In Jod-Mangel-Gebieten mit Jod-armen Böden wird jodiertes Salz zum Kochen und auch in der Lebensmittelindustrie empfohlen. Über die Muttermilch und Babynahrung mit Jod-Zusatz sind Neugeborene so in der Regel ausreichend mit dem Spurenelement versorgt. Jedoch sind gerade in entlegenen Gebieten in Entwicklungsländern Jod-Salz oder jodierte Babynahrung nicht flächendeckend vorhanden und erreichen die gefährdeten Bevölkerungsgruppen unvollständig.

    Um Neugeborene dennoch mit dem Spurenelement zu versorgen, empfiehlt die Weltgesundheitsorganisation WHO in diesen Gebieten frischgebackenen Müttern eine Jod-Depot-Kapsel zum Schlucken, die ein Jahr lang den Jod-Bedarf der Mutter und übers Stillen auch des Kindes decken soll. In Fällen, in denen Stillen keine Option ist, verabreichen Mediziner dem Säugling direkt eine niedriger konzentrierte Jod-Depot-Pille. Die Wirksamkeit dieser beiden Massnahmen wurde bislang jedoch nie geprüft. Ein Team von Forschenden der ETH verglich nun erstmals die direkte Jod-Gabe an Neugeborene mit der indirekten Versorgung über die Muttermilch und begleitete die Mütter und ihre Babys ein Jahr lang, um ihren Jod-Status zu beobachten. Dabei stellten sie fest, dass die Jod-Kapsel der Mutter zu verabreichen effektiver ist als sie direkt dem Kind zu geben. Jedoch reichen beide Massnahmen nicht aus, um die Versorgung mit dem Spurenelement für Mutter und Kind zu gewährleisten.

    Alle Reserven in die Muttermilch

    Raschida Bouhouch, Doktorandin im Labor für Humanernährung der ETH Zürich, und ihre Kollegen untersuchten in einer Blindstudie 241 Mutter-Kind-Paare in Marokko, von denen bei der einen Hälfte die Mutter die Jod-Depot-Kapsel und das Baby ein Placebo schluckte, bei der anderen umgekehrt, wobei die jeweilige Pille beim ersten Impftermin innerhalb der ersten acht Wochen nach der Geburt verabreicht wurde. Anschliessend massen Bouhouch und ihre Kollegen über neun Monate hinweg die Jod-Konzentration in der Muttermilch, sowie im Urin der Mutter und des Kindes, um den Jod-Status der beiden zu bestimmen.

    Zwar ging bei Jod-Gabe an die Mutter erstaunlich viel des Spurenelements über die Muttermilch an das Kind, doch fiel die Jod-Konzentration im Urin des Babys bereits neun Monate nach der Geburt wieder unter die kritische Schwelle. Bei der Mutter selbst vermochte die einmalige Dosis den Jod-Mangel zu keinem Zeitpunkt zu beheben. «Der Körper der Mutter ist offenbar darauf eingestellt, alle Jod-Reserven in die Versorgung des Kindes zu stecken, und behält nicht genug für sich selbst», erklärt Bouhouch. Schon kurz nach der Geburt hätten die Säuglinge so einen deutlich besseren Jod-Status als ihre Mütter. Dennoch lagen die Werte deutlich unter dem vom Körper benötigten Mindestwert.

    WHO-Empfehlungen nicht ausreichend

    Im Vergleich funktionierte die direkte Jod-Gabe an die Neugeborenen deutlich schlechter als der indirekte Weg über die Muttermilch. Ein Grund dafür könnte sein, dass der Körper des Kindes das Spurenelement besser aufnehmen kann, wenn es über die Muttermilch in vorverarbeiteter Form weitergegeben wird. So blieb der Jod-Status der Säuglinge, welche die Kapsel direkt erhielten, meist unter dem Mindestwert.

    «Das bedeutet nicht, dass die direkte Jod-Gabe völlig schlecht ist», betont Bouhouch. Beide Massnahmen reduzierten bei den Säuglingen Fehlfunktionen der Schilddrüse, welche Jod zur Produktion von Hormonen benötigt. Dennoch müsste die Empfehlung der WHO angepasst werden, da die einmalige Jod-Dosis nicht wie bislang angenommen für ein ganzes Jahr reiche, sondern nur für etwa sechs Monate, sagt Bouhouch. Auch reiche die Jod-Kapsel offenbar nicht, den Jod-Status der Mutter auf ein gesundes Niveau anzuheben. «Besser wäre, den Müttern nicht nur einmal im Jahr, sondern gegebenenfalls zweimal Jod zu geben.» Auch bei der direkten Jod-Gabe an den Säugling seien regelmässigere und niedrige Dosen zu bevorzugen. Ausserdem ist die in der Studie eingesetzte Strategie, die Jod-Kapsel regulär beim ersten Impftermin nach der Geburt zu verabreichen, ein vielversprechender Ansatz, der zu einer offiziellen Empfehlung werden könnte.

    Im weiteren werden die Forschenden um Michael Zimmermann, ETH-Professor für Humanernährung und Leiter der Studie, untersuchen, wie die hohe Jod-Dosis im Körper der Kinder und Mütter verstoffwechselt wird. Die Umsetzung im Körper ist bislang noch nicht vollständig verstanden.

    Literaturhinweis:

    Bouhouch RR, Bouhouch S, Cherkaoui M, Aboussad A, Stinca S, Haldimann M, Andersson M, Zimmermann MB: Direct iodine supplementation of infants versus supplementation of their breastfeeding mothers: a double-blind, randomised, placebo-controlled trial. The Lancet Diabetes and Endocrinology, November 22, 2013. DOI: 10.1016/S2213-8587(13)70155-4


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten
    Ernährung / Gesundheit / Pflege, Medizin
    überregional
    Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
    Deutsch


     

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