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22.01.2010 09:05

Schutz vor Hepatitis C mit den richtigen Genen

Bernhard Knappe Vorstand
Wilhelm Sander-Stiftung

    Weltweit sind etwa 130 Millionen Menschen mit dem Hepatitis C Virus (HCV) infiziert. Etwa 27% der Leberzirrhosen und 25% der Leberkrebse sind auf Infektionen mit diesem Virus zurückzuführen. Damit stellt die HCV-assoziierte Leberzirrhose in vielen Ländern einschließlich Deutschland die häufigste Indikation zur Lebertransplantation dar. Ein effektiver Impfstoff gegen HCV steht nicht zur Verfügung.

    Bei der Erhebung exakter Daten zur Epidemiologie und dem natürlichen Verlauf der HCV-Infektion ergeben sich allerdings erhebliche Schwierigkeiten, da in der akuten Phase das klassische Bild einer Hepatitis mit Gelbsucht und deutlicher Erhöhung der Leberwerte häufig fehlt. Daher ist die Diagnose der akuten HCV-Infektion sehr selten und wird bei asymptomatischen Patienten lediglich im Rahmen von Nachbeobachtungen bei Verdacht auf Exposition zu HCV (z.B. nach Nadelstichverletzung) gestellt. Der klinische Verlauf in der akuten Phase scheint für den späteren Ausgang der HCV Infektion von großer Bedeutung zu sein. Untersuchungen zeigen, dass Patienten mit einem asymptomatischen Verlauf in der akuten HCV Infektion eher eine chronische Erkrankung entwickeln. Im Gegensatz dazu scheinen Patienten mit einem symptomatischen Verlauf eine Disposition zur spontanen Ausheilung der Infektion zu haben. Die Ursachen für den unterschiedlichen Ausgang der akuten HCV-Infektion - komplette Ausheilung oder chronische Hepatitis C - sind nicht hinreichend geklärt. Für verschiedene Komponenten der adaptiven Immunantwort konnte eine Rolle für den Ausgang der Infektion gezeigt werden. Es wird angenommen, dass die adaptive Immunantwort durch zytotoxische T-Zellen ursächlich für den Leberschaden in der akuten Infektion ist. Diese Immunantwort scheint gleichzeitig - zumindest bei einem Teil der Patienten - zu einer Ausheilung der Infektion zu führen.

    In dem hier geplanten Projekt soll die Virus-Wirt-Interaktion in Patienten mit ungünstigem Verlauf der HCV-Infektion (chronische Hepatitis) und mit günstigem Verlauf (spontane Ausheilung) untersucht und verglichen werden. Die Komplexität der möglichen Interaktionen zwischen Virus und Wirt im Rahmen einer HCV-Infektion erfordert, dass weitgehend kontrollierte Bedingungen für Untersuchungen geschaffen werden. Gleichzeitig ist es notwendig, diese Untersuchungen an relativ großen Patientenkollektiven durchzuführen, um den Einfluss störender Faktoren auf das Gesamtbild zu minimieren.

    Da es kein geeignetes Modell für die HCV Infektion gibt, stellen HCV-Ausbrüche mit einem identischen Virusisolat besonders wertvolle Kohorten für die Untersuchung von Virus-Wirt Interaktionen dar. In den Jahren 1978/79 wurden im Rahmen einer Anti-D-Rhesus-Prophylaxe 2867 Frauen in Ostdeutschland durch eine kontaminierte Impfcharge mit dem Hepatitis-C-Virus infiziert. Diese Patientengruppe stellt damit ein einzigartiges Kollektiv dar. Da der Infektionszeitpunkt und die Virussequenz der Infektionsquelle bekannt sind, können der natürliche Infektionsverlauf untersucht und verglichen werden. Der natürliche Verlauf der Infektion wurde bereits nach 20 und 25 Jahren untersucht. Dabei zeigt sich, dass 50% der Frauen, denen ein mit HCV verseuchtes Immunglobulin-Präparat verabreicht wurde, eine chronische Infektion mit HCV entwickelt haben. Damit bietet diese "Anti-D Kohorte" ideale Voraussetzungen für die Untersuchung des Einflusses von Virus- und Wirtsfaktoren für den natürlichen Verlauf der Erkrankung. In dem hier geplanten Projekt soll die Virus-Wirt-Interaktion in Patienten mit ungünstigem Verlauf der HCV-Infektion (chronische Hepatitis) und mit günstigem Verlauf (spontane Ausheilung) untersucht und verglichen werden.

    Bei der Untersuchung von Wirtsfaktoren, die für den natürlichen Verlauf eine Bedeutung haben können, sind Faktoren, durch die die antivirale Immunantwort beeinflusst wird, von besonderem Interesse. Dazu gehört z.B. der HLA-Genotyp, der darüber entscheidet, welche Bereiche aus dem Virusprotein an der Zelloberfläche den immunkompetenten Zellen wie z.B. T-Zellen präsentiert werden können. Neben dem HLA-Genotyp finden sich weitere wirts-genetische Faktoren, die den Verlauf der HCV-Infektion beeinflussen. Eine wichtige Rolle kommt diesbezüglich möglicherweise Polymorphismen im Zytokin/Zytokin-Rezeptor-System zu. Zytokine umfassen eine heterogene Gruppe multifunktionaler Proteine (Chemokine, Interleukine, Interferone und Mitglieder der Tumor Nekrose Faktor-Familie), die eine zentrale Bedeutung in der Initiierung und Regulation von Immunantworten besitzen. Auf der Seite des Virus ist die Proteinsequenz von entscheidender Bedeutung für die Immunantwort. HCV kann z.B. dem Immunsystem entkommen, indem Mutationen in wichtigen Zielbereichen der Immunantwort selektiert werden, die letztlich dazu führen, dass das Virus nicht mehr erkannt wird.

    Ziel dieses Projekts ist es, wirts-genetische Faktoren zu identifizieren, die mit einem günstigen Verlauf der HCV-Infektion assoziiert sind und die immunologischen Grundlagen für eine erfolgreiche Abwehr der Infektion zu charakterisieren. Für die erfolgreiche Entwicklung von prophylaktischen oder therapeutischen Immunisierungen gegen HCV ist die Charakterisierung von wichtigen Zielen der Immunantwort und modulierenden Faktoren von entscheidender Bedeutung. Die Ostdeutsche Anti-D Kohorte bietet die einmalige Möglichkeit, diese Untersuchungen unter weitgehend standardisierten Bedingungen durchzuführen.

    Kontakt:
    Dr. Jörg Timm, Institut für Virologie, Universitätsklinik Essen / Prof. Dr. Jacob Nattermann, Medizinische Klinik und Poliklinik I, Bonn
    Mail: joerg.timm@uni-due.de

    Die Wilhelm Sander-Stiftung fördert dieses Forschungsprojekt mit über 80.000 €.
    Stiftungszweck der Stiftung ist die medizinische Forschung, insbesondere Projekte im Rahmen der Krebsbekämpfung. Seit Gründung der Stiftung wurden dabei insgesamt über 190 Mio. Euro für die Forschungsförderung in Deutschland und der Schweiz bewilligt. Die Stiftung geht aus dem Nachlass des gleichnamigen Unternehmers hervor, der 1973 verstorben ist.

    Weitere Informationen zur Stiftung: http://www.wilhelm-sander-stiftung.de


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Medizin
    überregional
    Forschungsprojekte
    Deutsch


     

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