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16.07.2013 10:46

Folgekosten der Inklusion für die Kommunen in NRW

Johannes Bunsch Pressestelle
Bergische Universität Wuppertal

    Die Bildungsökonominnen Dr. Alexandra Schwarz, Prof. Dr. Kerstin Schneider und Dipl.-Ök. Anna Makles von der Bergischen Universität Wuppertal haben gemeinsam mit Prof. Dr. Horst Weishaupt, Bergische Universität Wuppertal und Deutsches Institut für Internationale Pädagogische Forschung (DIPF) in Frankfurt am Main, und Dr. Mareike Tarazona (DIPF) im Auftrag der Kommunalen Spitzenverbände Nordrhein-Westfalen untersucht, welche Kosten den nordrhein-westfälischen Kommunen bei der Umsetzung der Inklusion an den Schulen entstehen. Der Finanzbedarf, so die Ergebnisse, sei erheblich.

    Der Entwurf für das 9. Schulrechtsänderungsgesetz sieht vor, dass der gemeinsame Unterricht von Schülerinnen und Schülern mit und ohne sonderpädagogischem Förderbedarf zum Regelfall in den Schulen in Nordrhein-Westfalen wird. Am Beispiel der Stadt Essen und des Kreises Borken haben die Wissenschaftler aus Wuppertal und Frankfurt die Kosten für den dafür erforderlichen Ausstattungsbedarf der Schulen ermittelt. Benötigt werden zum Beispiel zusätzliche Klassenräume, Räume zum Ausruhen und Toben, Lehrküchen und Werkräume an den weiterführenden Schulen sowie Maßnahmen für die Barrierefreiheit, wie Rampen und Aufzüge für körperbehinderte Schüler sowie Orientierungshilfen für gehörlose und blinde Schüler.

    Der ermittelte Investitionsbedarf für die Kommunen ist erheblich: Für die Stadt Essen schätzen die Bildungsökonominnen die zusätzlichen Investitionen im Primarbereich und in der Sekundarstufe I bis zum Schuljahr 2019/20 auf mindestens 18 Millionen Euro. „Dabei legen wir aber nur einen minimalen Standard zugrunde“, so Dr. Alexandra Schwarz von der Bergischen Universität. „Wenn wir die räumlichen Standards der Förderschulen zugrunde legen und von kleineren Klassen ausgehen, steigt der Investitionsbedarf in der Stadt Essen auf über 40 Millionen Euro.“

    Dabei ist die Ausstattung der Schulen nur eine von mehreren Aufgaben der kommunalen Schulträger. Mindestens ebenso wichtig ist zusätzliches Personal an den Schulen. Hier geht es nicht um Lehrkräfte, die vom Land finanziert werden, sondern zum Beispiel um Schulpsychologen und Sozialarbeiter, die Schüler, Eltern und Lehrer im Schulalltag unterstützen und beraten. Hier schätzen die Forscher die zusätzlichen jährlichen Ausgaben auf rund 3 Millionen Euro allein für den Grundschulbereich im Kreis Borken.

    Am Beispiel des Kreises Borken zeigt sich außerdem, dass es zu enormen Verschiebungen der Kosten zwischen den kreisangehörigen Städten und Gemeinden sowie dem Kreis selbst kommt. „Städte und Gemeinden werden besonders dann zusätzlich belastet, wenn sie selbst keine Förderschule unterhalten“, erläutert Prof. Horst Weishaupt. Die Träger von Förderschulen können hingegen langfristig Geld einsparen, wenn sie Förderschulen schließen. „Zumindest in einer Übergangsphase muss es aber beide Angebote – Förderschulen und allgemeine Schulen – geben“, so Weishaupt, da Eltern nach dem neuen Gesetz das Recht haben, zwischen Förderschule und allgemeiner Schule zu wählen. Die Kommunen müssen somit für beide Angebote sorgen. Angesichts der prekären Haushaltssituation der meisten Kommunen schätzen die Forscher die Planungsunsicherheit und die Doppelbelastung als höchst problematisch ein.

    „Die Umsetzung der Inklusion im Schulbereich ist notwendig und wünschenswert, und sie muss mit Priorität vorangetrieben werden. Aber wir mussten auch feststellen, dass noch kein Konsens dazu besteht, wie Inklusion in den Schulen eigentlich genau aussehen soll“, erklärt Prof. Kerstin Schneider von der Bergischen Universität. So gibt es von Seiten des Landes zum Beispiel keine Vorgaben zu Differenzierungs- und Ruheräumen in inklusiven Schulen, die für Kinder und Jugendliche mit Lernschwierigkeiten und Sinnesbehinderungen besonders wichtig sind. Dies gilt es nach Meinung der Gutachtergruppe dringend nachzuholen. Auch sei zu klären, wie die Umsetzung der Inklusion finanziert werden soll. „Denn sonst ist absehbar, dass die Qualität des gemeinsamen Unterrichts von der Kassenlage der Kommunen abhängen wird. Und das würde dieser so wichtigen Reform und dem Ziel einer gelungenen Inklusion nicht gerecht“, sind sich die Wissenschaftler einig.

    Eine Zusammenfassung und die vollständige Fassung des Gutachtens sind auf den Homepages der drei kommunalen Spitzenverbände erhältlich:

    www.staedtetag-nrw.de
    www.lkt-nrw.de
    www.kommunen-in-nrw.de

    Kontakt:
    Dr. Alexandra Schwarz
    Telefon 0202 / 439-5114
    E-Mail schwarz@wiwi.uni-wuppertal.de


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten
    Gesellschaft, Pädagogik / Bildung
    überregional
    Forschungsergebnisse, Schule und Wissenschaft
    Deutsch


     

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