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19.01.2012 16:18

Kaum Transparenz bei Managervergütungen von Staatsunternehmen

Dietmar Strey Pressestelle
Helmut-Schmidt-Universität, Universität der Bundeswehr Hamburg

    Zwei Drittel der Unternehmen in öffentlicher Hand schweigen über die Vergütung ihrer Top-Manager. Studie zeigt: Ohne gesetzliche Regelung gibt es offenbar nur wenig Bereitschaft zur Transparenz.

    Die transparente Offenlegung der Managervergütung bei öffentlichen Unternehmen wird mit Verweis auf besondere Transparenzanforderungen im öffentlichen Sektor und die Finanzierung mit Steuergeldern verstärkt gefordert. Jedoch zeigt nun eine erste wissenschaftliche Studie, dass 66,7 Prozent der Unternehmen die Vergütung entgegen der Forderungen gar nicht veröffentlicht haben. Nur 17,5 Prozent der Unternehmen haben die Vergütung individualisiert unter Namensnennung offengelegt. Besonders bemerkenswert sind die gravierenden Unterschiede im deutschlandweiten Städtevergleich. Die Offenlegung in individualisierter Form praktizieren in Berlin immerhin 63,6 Prozent, in Bremen 50 Prozent und 18,4 Prozent der Unternehmen in Bundeshand.
    Nahezu bei null liegt die Offenlegungsquote hingegen in den Landeshauptstädten Dresden, Düsseldorf, Erfurt, Magdeburg, Potsdam, Saarbrücken und Schwerin. In Hamburg, Hannover und Stuttgart geben etwa die Hälfte der öffentlichen Unternehmen Auskunft über die Summe der Gehälter ihrer Top-Manager. Bewusstsein oder Handlungswille divergieren im Städtevergleich ganz erheblich. Über freiwillige Selbstregulierung wurden die Transparenzziele bisher nicht erreicht.

    „Sofern die transparente Offenlegung der Vergütung in individualisierter Form von einer Mehrheit in Gesellschaft und Politik als erforderlich und angemessen erachtet wird, lassen die Befunde den Schluss zu, dass dieses Ziel in der Breite – gerade im öffentlichen Sektor – in absehbarer Zeit nur mit einer präzisen gesetzlichen Offenlegungspflicht und nicht ausschließlich über freiwillige Selbstregulierung zu realisieren sein wird“, so Ulf Papenfuß, der Autor der Studie. In der öffentlichen Wirtschaft haben sich nach den Befunden kein spezifisches Transparenzbewusstsein von „Public Managern“ und keine Offenlegungskultur entwickelt. Die Verhaltensmuster erweisen sich hier weiter als verfestigt.

    Öffentlichen Unternehmen wird vielfach eine gesellschaftspolitische Vorbildfunktion zugewiesen. Zudem besitzen sie eine hohe Relevanz für die öffentliche Aufgabenerfüllung. Die Anzahl der Unternehmen in kommunaler Hand liegt allein in den Flächenstaaten bei ca. 13.000. Die Stadt Hamburg ist mit über 52.000 Beschäftigten und mehr als 27 Milliarden Euro Bilanzsumme an 89 Unternehmen unmittelbar und an 260 Unternehmen mittelbar beteiligt.
    Auf kommunaler Ebene liegt der Auslagerungsgrad von Aufgaben der Kernverwaltung auf andere Träger beim Personal im Bundesdurchschnitt bei 50 Prozent; bei den Sachinvestitionen bei 54 Prozent. Der Umsatz kommunaler Unternehmen stieg zwischen 2000 und 2007 um zwei Drittel von 131,1 Mrd. Euro auf 212,5 Mrd. Euro; die Gewinne verdoppelten sich von 4,5 Mrd. Euro auf 9,9 Mrd. Euro.

    Für börsennotierte Unternehmen besteht bereits seit 2005 eine gesetzliche Pflicht zur Offenlegung der Vorstandsvergütung. Im Gegensatz zu den von der Wissenschaft intensiv untersuchten privaten Unternehmen lagen für öffentliche Unternehmen trotz deren Bedeutung bislang keine Studien vor.
    Die erste repräsentative Längsschnittstudie schließt nun diese Lücke. Die Studie soll für eine transparente und kontinuierliche Dokumentation langfristig fortgesetzt sowie zusätzlich erweitert werden.

    Neben den in der Praxis vorherrschenden Gepflogenheiten driften auch die formulierten Anforderungen für Transparenz zwischen den Bundesländern und Städten erheblich auseinander. Dies offenbart eine vergleichende Analyse der jeweiligen Gesetze und der sogenannten Grundsätze guter Unternehmungsführung (Public Corporate Governance Kodizes). Lediglich Berlin und Nordrhein-Westfalen haben ein Gesetz für mehr Transparenz bei der Managervergütung verabschiedet; in den übrigen Bundesländern wurden bislang keine Gesetze etabliert, in Brandenburg hatte der Landtag im August 2011 einen entsprechenden Entwurf abgelehnt.

    In der Gesetzesbegründung von Nordrhein-Westfalen heißt es: „Finanzieren sich Unternehmen der öffentlichen Hand aus öffentlichen Mitteln oder trägt die öffentliche Hand das Risiko unternehmerischen Handelns, kommt dem Informationsanspruch der Allgemeinheit ein besonderer Stellenwert zu. Die Bürgerinnen und Bürger haben einen berechtigten Anspruch darauf zu erfahren, wofür die öffentlichen Gelder eingesetzt werden. Dies gilt insbesondere auch für die Personalkosten in öffentlichen Unternehmen, also welche Vergütungen Vorstände und Geschäftsführer sowie die Mitglieder von Aufsichtsgremien in öffentlichen Unternehmen für ihre Tätigkeit erhalten.“

    Die Studie ist erschienen in der Zeitschrift Verwaltung&Management: Ulf Papenfuß: Spärliche Offenlegung der Managervergütung in öffentlichen Unternehmen, 2011, Heft 6, S. 288–298
    http://www.vum.nomos.de/

    Die Pressestelle der HSU stellt die Studie auf Anfrage zur Verfügung.

    Ansprechpartner
    Dipl.-Kfm. Ulf Papenfuß, Professur für Verwaltungswissenschaft, insbesondere Steuerung öffentlicher Organisationen, E-Mail: papenfuss@hsu-hh.de


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten
    Politik, Recht, Wirtschaft
    überregional
    Forschungsergebnisse
    Deutsch


     

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