Zwei von drei Deutschen ist das Petitionsrecht ein Begriff, jeder
Fünfte hat schon einmal Gebrauch davon gemacht. Eingebracht
werden Petitionen zumeist von älteren, gut gebildeten
Männern, wobei den Petenten eine gründliche Behandlung ihres
Anliegens wichtiger ist als eine schnelle Antwort.
Zu diesen Ergebnissen kommt das
vom KIT betriebene "Büro für Technikfolgen-Abschätzung beim
Deutschen Bundestag" in der ersten repräsentativen Befragung
zum deutschen Petitionswesen. Auf der heutigen Jahrespressekonferenz
des Bundestags-Petitionsausschusses wird sie
der Öffentlichkeit in Anwesenheit von Bundestagspräsident
Norbert Lammert vorgestellt.
Die Möglichkeit, Petitionen an Behörden oder Parlamente zu richten,
gehört in Deutschland zu den grundgesetzlich garantierten Bürgerrechten.
Meist handelt es sich dabei um Beschwerden oder um Bitten,
bestimmte Gesetze zu ändern bzw. zu beschließen. Daten zur
Bekanntheit und zur Nutzung des Petitionsrechts lagen für Deutschland
bisher nicht vor. Mit der im Auftrag des Büros für Technikfolgen-
Abschätzung beim Deutschen Bundestag (TAB) durchgeführten
Befragung "Bekanntheit und Ansehen des Petitionsausschusses des
Deutschen Bundestages und Nutzung des Petitionsrechts in
Deutschland" konnte diese Wissenslücke nun geschlossen werden.
Das TAB mit Sitz in Berlin wird vom Institut für Technikfolgenabschätzung
und Systemanalyse (ITAS) des KIT betrieben.
Im Hinblick auf Bekanntheit und Nutzung des Petitionsrechts stellte
sich heraus, dass 67,1 % der Bevölkerung vom Petitionsrecht schon
einmal gehört und 21,4 % es mindestens einmal selbst genutzt haben
(durch Unterstützung oder eigene Einreichung einer Petition).
19,3 % der Bevölkerung haben eine Sammel- oder Massenpetition
durch ihre Unterschrift unterstützt und 3,6 % eine Petition selbst
initiiert und eingereicht. Die überwiegenden Nutzer des Petitionsrechts
sind ältere, gut gebildete, an Politik interessierte, internetversierte
Männer. Die ost- und die westdeutsche Bevölkerung unterscheidet
sich, was Bekanntheit und Nutzung des Petitionsrechts
angeht, nicht voneinander. "Während der erste Befund", so Projektleiter
Ulrich Riehm vom Büro für Technikfolgen-Abschätzung beim
Deutschen Bundestag, "unseren Erwartungen entspricht, ist das
zweite Ergebnis überraschend, da die Bevölkerung in den neuen
Bundesländern in Bezug auf Petitionen bislang als aktiver galt."
Unter den möglichen Adressaten für eine Petition (Petitionsausschüsse
und Bürgerbeauftragte der Bundesländer, Petitionsausschuss
und Bürgerbeauftragter des Europäischen Parlaments) ist
der Petitionsausschuss des Deutschen Bundestages der bekannteste;
52,4 % haben von ihm bereits einmal gehört. Zugleich steht das
Petitionswesen in Konkurrenz zu anderen Verfahren der politischen
Teilhabe. Hier übertreffen die Beteiligungsquoten an Unterschriftensammlungen
(64,5 %), Demonstrationen (41,2 %), öffentlichen politischen
Diskussionen (39,6 %) und direkter Ansprache von Vertretern
der Politik oder der Verwaltung (35,6 %) deutlich jene 21,4 %,
die sich an Petitionen beteiligt haben. "Dennoch zeugt die Tatsache",
so Ulrich Riehm, "dass rund jeder fünfte Deutsche sich schon
einmal des Instruments der Petition bedient hat, davon, dass dieses
Grundrecht für die Bevölkerung durchaus einen Stellenwert hat."
Bei der Behandlung ihrer Petition durch den Petitionsausschuss des
Deutschen Bundestages steht für 37,7 % der Befragten die Gründlichkeit
der Bearbeitung an erster Stelle, gefolgt von einer verständlichen
Rückmeldung und einer raschen Behandlung. Bislang wurden
in der Öffentlichkeit vor allem die langen Bearbeitungszeiten im
Petitionsverfahren kritisiert. Überraschend ist auch die Bewertung
unterschiedlicher Einreichungswege für eine Petition an den Deutschen
Bundestag: 48,0 % favorisieren den Brief, 26,7 % die persönliche
Vorsprache und 18,1 % die Einreichung über das Internet. In
der Altersgruppe bis 24 Jahre wird die persönliche Vorsprache - die
derzeit gar nicht vorgesehen ist - sogar bevorzugt. Hier zeigt sich,
dass die Ergänzung des bisherigen Einreichungsmediums Brief
durch das Internet durchaus noch nicht alle Wünsche der Bevölkerung
im Hinblick auf einen einfachen Zugang zum Petitionsausschuss
erfüllt.
Insgesamt wurden im November 2008 1.014 Personen telefonisch
befragt. Die Umfrage ist repräsentativ für die deutsche Wohnbevölkerung
ab 16 Jahren, für die befragten ausländischen Staatsangehörigen
gilt nur eine eingeschränkte Repräsentativität. Die Befragung
ist Bestandteil des Technikfolgenabschätzungsprojekts "Öffentliche
elektronische Petitionen und bürgerschaftliche Teilhabe",
das vom TAB im Auftrag des Bundestages in den Jahren 2006 bis
2008 durchgeführt worden ist. Anlass war der im September 2005
begonnene Modellversuch "Öffentliche Petitionen", in dem der Bundestag
das Internet in das Petitionsverfahren einbezog. Petitionen
können seither auch elektronisch übermittelt, im Internet unterstützend
mitgezeichnet sowie in Foren diskutiert werden.
Die Berliner Technikforscher des TAB haben den Modellversuch
"Öffentliche Petitionen" wissenschaftlich begleitet, nach Erträgen
und Folgen gefragt und die Analysen in den Kontext der Entwicklung
des Petitionswesens und der E-Demokratie gestellt. Die Elemente
des Modellversuchs wurden von den Befragten positiv bewertet: Die
seit 2005 angebotenen Möglichkeiten, sich über Petitionen im Internet
zu informieren, finden 73,0 % der Befragten gut oder sehr gut.
65,8 % beurteilen die Diskussionsmöglichkeiten und 59,4 % die
Möglichkeit der Mitzeichnung von Petitionen im Internet als gut oder
sehr gut.
Die Ergebnisse der Befragung sind erschienen als TAB-Hintergrundpapier
Nr. 17; es ist zu beziehen über das Büro für
Technikfolgen-Abschätzung beim Deutschen Bundestag (buero@
tab.fzk.de) oder kann vom Webangebot des TAB
(www.tab.fzk.de) heruntergeladen werden. Der Abschlussbericht
des Gesamtprojekts ist im Juni 2009 in Buchform erschienen (Ulrich
Riehm, Christopher Coenen, Ralf Lindner, Clemens Blümel: Bürgerbeteiligung
durch E-Petitionen. Analysen von Kontinuität und Wandel
im Petitionswesen, Edition Sigma, ISBN 978-3-8360-8129-0).
Im Karlsruher Institut für Technologie (KIT) schließen sich das
Forschungszentrum Karlsruhe in der Helmholtz-Gemeinschaft
und die Universität Karlsruhe zusammen. Damit wird eine Einrichtung
international herausragender Forschung und Lehre in
den Natur- und Ingenieurwissenschaften aufgebaut. Im KIT arbeiten
insgesamt 8000 Beschäftigte mit einem jährlichen Budget
von 700 Millionen Euro. Das KIT baut auf das Wissensdreieck
Forschung - Lehre - Innovation.
Die Karlsruher Einrichtung ist ein führendes europäisches
Energieforschungszentrum und spielt in den Nanowissenschaften
eine weltweit sichtbare Rolle. KIT setzt neue Maßstäbe in der
Lehre und Nachwuchsförderung und zieht Spitzenwissenschaftler
aus aller Welt an. Zudem ist das KIT ein führender Innovationspartner
für die Wirtschaft.
Diese Presseinformation ist im Internet abrufbar unter:
http://www.kit.edu
Das Foto kann in druckfähiger Qualität angefordert werden unter:
presse@verwaltung.uni-karlsruhe.de oder +49 721 608-7414.
Der Petitionsausschuss des Deutschen Bundestages bei einer öffentlichen Beratung
(c) Deutscher Bundestag / Lichblick/Achim Melde
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Merkmale dieser Pressemitteilung:
Gesellschaft, Kulturwissenschaften, Politik
überregional
Forschungsergebnisse, Pressetermine
Deutsch
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