Die im Zuge der Schuldenkrise immer häufiger geforderte Weiterentwicklung der Europäischen Währungsunion zu einer Fiskalunion wäre mit massiven Problemen verbunden, die es im Vorfeld zu lösen gilt. Darauf weist eine aktuelle Studie des Bonner Instituts zur Zukunft der Arbeit (IZA) hin. Demnach würde die Schaffung eines Finanzausgleichssystems in der Eurozone in erheblichem Umfang Steuereinnahmen umverteilen, ohne die Stabilität der Währungsunion wirksam zu erhöhen. Ein gemeinsames europäisches Steuer- und Transfersystem würde das europäische Wirtschaftsystem zwar wirksamer stabilisieren, jedoch zu erheblichen Umverteilungseffekten auch innerhalb der Staaten führen.
In ihrer Studie simulierten die IZA-Wissenschaftler eine Wirtschaftskrise, die – ähnlich wie die aktuelle Krise – einzelne Länder besonders hart trifft. Die Analyse zeigt: Für Irland, Italien und Spanien würde sich ein positiver Stabilisierungseffekt einstellen. Diese Länder würden entweder weniger in den europäischen Topf einzahlen müssen oder mehr aus ihm erhalten. Allerdings würde das simulierte Finanzausgleichssystem im Fall Griechenlands die Krise sogar noch verschärfen. Der Grund: Griechenland würde ohne Krise stark von einem Finanzausgleichssystem profitieren. Träfe die Krise jedoch auch große Volkswirtschaften wie Italien oder Spanien und solche mit hohem Pro-Kopf-Einkommen wie Irland, würde der Topf für Ausgleichszahlungen deutlich schrumpfen – für Griechenland wäre dann weniger Geld da.
Ein gemeinsames Steuer- und Transfersystem würde das europäische Wirtschaftsystem laut Studie wirksamer stabilisieren als ein Finanzausgleich, allerdings ebenfalls mit erheblicher Umverteilungswirkung. Zwar würden insgesamt mehr EU-Bürger durch eine solche Steuer besser gestellt, doch in einer Mehrzahl der Länder gäbe es mehr Verlierer als Gewinner. Vor allem die Mittelschicht würde durch ein europäisches Steuer- und Transfersystem stärker belastet.
"Wenn die Verteilungswirkungen innerhalb und zwischen den Ländern zu extrem sind, ist eine politische Durchsetzung der Reform von vornherein unrealistisch", sagt IZA-Forscher Andreas Peichl. Die konkrete Ausgestaltung der einzelnen Elemente einer europäischen Fiskalunion sei daher entscheidend für den Erfolg. Insbesondere müsse geprüft werden, wie ein Finanzausgleichssystem auch dann stabilisierend wirken kann, wenn große Länder von der Krise erfasst werden.
Die Studie ist in englischer Sprache online abrufbar:
Olivier Bargain, Mathias Dolls, Clemens Fuest, Dirk Neumann, Andreas Peichl, Nico Pestel, Sebastian Siegloch:
"Fiscal Union in Europe? Redistributive and Stabilising Effects of an EU Tax-Benefit System"
IZA Discussion Paper No. 6585
http://ftp.iza.org/dp6585.pdf
Pressekontakt:
Dr. Andreas Peichl
IZA Bonn
Tel. (0228) 3894-511
peichl@iza.org
Criteria of this press release:
Business and commerce, Journalists, Scientists and scholars
Economics / business administration, Politics, Social studies
transregional, national
Research results, Scientific Publications
German
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