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12.10.2009 09:53

Wie leiten Nervenzellen Signale weiter? PNAS: Neues Verfahren ermöglicht tiefere Einblicke

Ulrike Rolf Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Technische Universität Carolo-Wilhelmina zu Braunschweig

    Braunschweig/Göttingen Wie leitet unser Körper nervliche Reize weiter und wie formieren sich im Gedanken? Forscher sind bei der Aufklärung der Signalübertragung zwischen den Nervenzellen einen wichtigen Schritt weitergekommen. An der Technischen Universität Braunschweig und am Max-Planck-Institut für Biophysikalische Chemie in Göttingen haben sie gemeinsam die Übertragung von Botenstoffen von einer Zelle zur nächsten im Reagensglas nachgestellt und mit einer neuen Methode untersucht.
    (PNAS October 12, 2009, www.pnas.org/content/current)

    Auf die Plätze, fertig, los
    ... so könnte eine Kurzzusammenfassung der elementaren Vorgänge lauten, die bei der Kommunikation zwischen Nervenzellen auftreten. Für die Übertragung von Signalen zwischen den Zellen sorgen chemische Botenstoffe, genannt Neurotransmitter. Sie sind innerhalb der Nervenzellen in kleinen Bläschen, den Vesikeln, gespeichert. Solche Vesikel schwimmen aber normalerweise frei in der Zelle herum und würden daher viel zu lange brauchen, um die Botenstoffe für die Signalweiterleitung an die Zellwand zu bringen. Daher docken frisch mit Botenstoff gefüllte Nervenvesikel zuvor an die Zellwand an ("Auf die Plätze!"), um dort auf den Startschuss für eine Entleerung der Botenstoffe zu warten ("fertig!"). Sobald der Startschuss in Form eines chemischen Signals kommt ("los!") reißen die Vesikel zusammen mit der Zellwand auf und schütten sofort Botenstoffe in die Zellumgebung aus. Von den Nachbarzellen werden diese Stoffe dann aufgenommen und erkannt. Das Andocken in die "Startposition" ist daher von elementarer Wichtigkeit, damit das Denken und Fühlen schnell und effizient ablaufen kann. Da es aber bisher sehr schwer war, diesen Zwischenzustand kurz vor dem Startschuss zu beobachten, war bisher unbekannt, wie der Startschuss genau aussieht und kontrolliert wird.

    Fusion nach dem Reißverschlussprinzip
    Prof. Peter Jomo Walla und Prof. Reinhard Jahn, die beide Arbeitsgruppen für Biophysikalische Chemie an der TU Braunschweig bzw. am Max-Planck-Institut in Göttingen leiten, sind nun den Mechanismen des Denkens und Fühlens ein wesentliches Stück näher gekommen, da sie eine neue Methode entwickelt haben, mit der sie den Moment vor dem Startschuss sowie die zeitlichen Abläufe des nervlichen Wettlaufs genau beobachten können. Die Wissenschaftler haben Vesikel farbig markiert und können sehr viele von ihnen unter einem Spezialmikroskop gleichzeitig beobachten. "Mit unserem neuen Verfahren können wir nun gezielt einzelne Biomoleküle hinzugeben oder weglassen und so untersuchen, welche davon wichtig sind und wie die Mechanismen genau ablaufen", erklärt Prof. Peter Jomo Walla.

    Zunächst werden die Vesikel mit Proteinen wie mit kleinen Klammern an die Zellwand geheftet. Erst, wenn an dieser Stelle ein Nervenreiz von außen auftrifft, zum Beispiel in Form einer höheren Konzentration von Kalziumionen, löst dies die entscheidende Reaktion aus: Die Membran (Außenhaut) des Vesikels vereinigt sich blitzschnell mit der Zellmembran, und das Vesikel stülpt seinen Inhalt nach außen. Das Ganze geschieht innerhalb von Sekundenbruchteilen und spielt sich in Größenordnungen von nur wenigen Nanometern ab.

    "Das kann man sich vorstellen wie bei einem Reißverschluss, der den Stoff auf der einen Seite gezielt öffnet und dann mit einem anderen Stück Stoff verbindet", erläutert Walla. "Bisher wurde meist nur beobachtet, wie das System vor und nach der Ausschüttung aussieht - sozusagen der Läufer vorher in der Umkleidekabine und nachher auf dem Siegerpodest. Aber um die Mechanismen wirklich zu verstehen, ist natürlich der Moment kurz vor dem Startschuss entscheidend. Mit unserer neuen Methode können wir dies nun ganz einfach erkennen und herausfinden, wie der Mann mit der Pistole wirklich aussieht und wie der Läufer startet."

    Bildtext:
    Hier vollzieht sich das Denken und Fühlen in der kleinsten möglichen Einheit: Kugelförmige Vesikel dienen innerhalb der Nervenzellen als Vorratskammern für chemische Botenstoffe. Damit diese Vesikel genau auf Abruf für die Ausschüttung der Botenstoffe sorgen können, docken sie zunächst einmal an die Membran der Nervenzelle an und warten auf den Startschuss (zum Beispiel durch einen Auslöser wie Kalziumionen, Ca2). Sollen die Botenstoffe dann ausgeschüttet werden, fusioniert das Vesikel mit der Membran der Nervenzelle und entleert so seinen Inhalt nach außen. Dann kann eine direkt benachbarte Nervenzelle den Reiz sofort registrieren und wiederum weiterleiten oder weiterverarbeiten.

    Kontakt:
    Prof. Peter Jomo Walla
    Technische Universität Braunschweig
    Institut für Physikalische und Theoretische Chemie
    Abteilung Biophysikalische Chemie
    Hans-Sommer-Str. 10
    38106 Braunschweig
    Tel-Nr.: +49 531 391 5328
    p.walla@tu-braunschweig.de

    Max-Planck-Institut für Biophysikalische Chemie
    Am Faßberg 11
    37077 Göttingen
    Tel-Nr.: +49 551 201 1087


    Weitere Informationen:

    http://www.pnas.org/content/current


    Bilder

    Hier vollzieht sich das Denken und Fühlen in der kleinsten möglichen Einheit: Kugelförmige Vesikel dienen innerhalb der Nervenzellen als Vorratskammern für chemische Botenstoffe.
    Hier vollzieht sich das Denken und Fühlen in der kleinsten möglichen Einheit: Kugelförmige Vesikel d ...
    Bild frei zur Veröffentlichung
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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Chemie, Medizin
    überregional
    Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
    Deutsch


     

    Hier vollzieht sich das Denken und Fühlen in der kleinsten möglichen Einheit: Kugelförmige Vesikel dienen innerhalb der Nervenzellen als Vorratskammern für chemische Botenstoffe.


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