idw – Informationsdienst Wissenschaft

Nachrichten, Termine, Experten

Grafik: idw-Logo
Science Video Project
idw-Abo

idw-News App:

AppStore

Google Play Store



Instance:
Share on: 
04/24/2024 14:15

Geobiologie: Neuer Lebensraum für Scheibentiere entdeckt

LMU Stabsstelle Kommunikation und Presse
Ludwig-Maximilians-Universität München

    DNA-Spuren im Magen räuberischer Schnecken ermöglichen einem Team um den LMU-Geobiologen Gert Wörheide neue Einblicke in die Ökologie der Scheibentiere.

    Scheibentiere (Placozoen) sind die einfachsten vielzelligen Tiere und kommen weltweit in küstennahen Meeresgebieten vor. Bisher ging man davon aus, dass die nur wenige Millimeter großen Tiere entweder auf harten Oberflächen – etwa Steine, Korallen und Mangrovenwurzeln – leben oder in Form sogenannter Schwärmerstadien durch das küstennahe Freiwasser schweben. Durch die Analyse von DNA-Spuren im Magen räuberischer Meeresschnecken konnte ein Team um den LMU-Geobiologen Professor Gert Wörheide nun zeigen: Die Tiere besiedeln auch das Sediment und erschließen sich damit einen weiteren Lebensraum. Zudem sind sie genetisch noch vielfältiger als bisher bekannt, wie die Forschenden im Fachmagazin Ecology and Evolution berichten.

    Alle Scheibentiere weltweit sehen mit ihrem linsenartig abgeflachten Körper völlig identisch aus. Dennoch konnte Wörheide mit seinem Team bereits in früheren Studien nachweisen, dass es riesige genetische Unterschiede gibt. „Diese Unterschiede sind vergleichbar mit denen zwischen Mensch und Maus“, betont der Geobiologe.
    Aufgrund ihrer geringen Größe und ihrer Unauffälligkeit sind Scheibentiere in der freien Natur nur schwer zu untersuchen. Um einen besseren Einblick in die Ökologie der Tiere zu bekommen, machten sich die Forschenden deshalb nun zunutze, dass kleine schalenlose Meeresschnecken aus der Familie der Rhodopidae sich von Scheibentieren ernähren.

    Entdeckt durch Gefressen-Werden

    „Wir hofften, dass sich im Mageninhalt der Schnecken noch unverdaute Reste von Scheibentieren finden lassen, die molekular untersucht werden könnten“, erzählt Dr. Michael Eitel, Erstautor der Studie. „Um dem nachzugehen, haben wir daher öffentlich zugängliche genetische Daten der Schnecken bioinformatisch auf Spuren von Placozoen-DNA untersucht.“

    Zur Überraschung der Forschenden identifizierten sie dabei DNA von Scheibentieren auch im Magen von Schnecken, die ausschließlich im Meeresboden-Sediment leben – ein Lebensraum, der bisher von allen Experten für die sehr fragilen Scheibentiere ausgeschlossen wurde. „Offensichtlich ist jedoch ihr Vorkommen im Sediment eine normale Erscheinung und könnte sogar für ihre Biologie, insbesondere bei der bisher nur ansatzweise verstandenen sexuellen Vermehrung, eine zentrale Rolle spielen“, sagt Eitel.

    Zudem entdeckten die Wissenschaftler eine unerwartet große genetische Vielfalt: Im Mageninhalt von nur zwei Schnecken fanden sie fünf genetisch verschiedene Linien, von denen drei bislang noch nie beschrieben wurden. Dies deutet nach Ansicht der Forschenden darauf hin, dass die Diversität der Scheibentiere noch deutlich höher ist als angenommen. „Unsere Ergebnisse werden große Auswirkungen auf unser Bild der Entwicklungsgeschichte eines der ältesten Tierstämme der Erde haben“, sagt Wörheide. „gleichzeitig fügt die starke Erweiterung ihres Lebensraumes der Ökologie der Scheibentiere buchstäblich eine weitere Dimension hinzu.“


    Contact for scientific information:

    Professor Gert Wörheide
    Department für Geo- und Umweltwissenschaften
    Paläontologie & Geobiologie, LMU München
    Tel: +49 (0) 89 2180 6646 / 6602
    woerheide@lmu.de
    https://www.palaeontologie.geowissenschaften.uni-muenchen.de/personen/lehrstuhli...


    Original publication:

    Michael Eitel, Hans-Jürgen Osigus, Bastian Brenzinger, Gert Wörheide: Beauty in the beast - Placozoan biodiversity explored through molluscan predator genomics. Ecology and Evolution 2024
    https://doi.org/10.1002/ece3.11220


    Images

    Criteria of this press release:
    Journalists
    Biology
    transregional, national
    Research results
    German


     

    Help

    Search / advanced search of the idw archives
    Combination of search terms

    You can combine search terms with and, or and/or not, e.g. Philo not logy.

    Brackets

    You can use brackets to separate combinations from each other, e.g. (Philo not logy) or (Psycho and logy).

    Phrases

    Coherent groups of words will be located as complete phrases if you put them into quotation marks, e.g. “Federal Republic of Germany”.

    Selection criteria

    You can also use the advanced search without entering search terms. It will then follow the criteria you have selected (e.g. country or subject area).

    If you have not selected any criteria in a given category, the entire category will be searched (e.g. all subject areas or all countries).