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02/10/2015 16:20

Schizophrenie: Aktivität der Dopamin-Neuronen gestört

Dr. Anne Hardy Marketing und Kommunikation
Goethe-Universität Frankfurt am Main

    Schizophrenie ist nicht nur mit Halluzinationen und Wahnvorstellungen verbunden, sondern auch mit kognitiven Defiziten und Störungen des emotionalen Antriebs. Die Ursache dafür ist bisher nicht gut genug verstanden, um eine medikamentöse Therapie zu entwickeln. In der aktuellen Ausgabe der Proceedings of the National Academy of Sciences (PNAS) berichtet ein deutsch-amerikanisches Forscherteam unter Beteiligung der Goethe-Universität, dass im Mausmodell diejenigen Dopamin Neuronen, die für emotionale und kognitive Verarbeitung relevant sind, eine veränderte Aktivität aufweisen.

    FRANKFURT. Schizophrenie ist eine schwere und unheilbare psychiatrische Erkrankung, die etwa ein Prozent der Weltbevölkerung betrifft. Während die damit verbundenen akuten Psychosen seit einigen Jahrzehnten erfolgreich mit Psychopharmaka (Neuroleptika) behandelt werden, können kognitive Defizite und Störungen des emotionalen Antriebs derzeit in nur sehr geringem Umfang gelindert werden. Dies ist ein besonders großes Problem, da die langfristige Prognose eines Patienten vor allem durch diese Negativsymtomatik bestimmt wird. So hat sich in den letzten Jahrzehnten neben der reduzierten Lebensqualität auch die im Mittel um 25 Jahre eingeschränkte Lebensdauer bei Schizophrenie-Patienten kaum verändert.

    „Um neue Therapiestrategien zu entwickeln, brauchen wir ein verbessertes neurobiologisches Verständnis der Negativsymptomatik der Schizophrenie“ erklärt Prof. Roeper vom Institut für Physiologie II der Goethe-Universität. Einen ersten wichtigen Schritt in diese Richtung machten vor einigen Jahren seine amerikanischen Kollegen Prof. Eleanor Simpson und Prof. Eric Kandel an der Columbia University in New York: Sie konnten durch genetische Veränderungen in Mäusen typische Anzeichen von kognitiven und emotionalen Negativsymptomen hervorrufen, die auch bei Schizophrenie-Patienten auftreten. Mit diesem genetisch reversiblen Schizophrenie-Modell konnten die Forscher für Schizophrenie typische Störungen zum Beispiel im Arbeitsgedächtnis der Tiere nachweisen sowie entsprechende neurochemische Veränderungen im Dopaminhaushalt des präfrontalen Cortex im Gehirn. Die zu Grunde liegenden neurophysiologischen Störungen von Dopamin Neuronen blieben allerdings ungeklärt.

    Gemeinsam haben nun Prof. Eleanor Simpson und Prof. Jochen Roeper in Zusammenarbeit mit der Mathematikerin Prof. Gaby Schneider von der Goethe Universität und der Physiologin Prof. Birgit Liss von der Universität Ulm nach den neurophysiologischen Störungen gesucht. Mit Einzelzellableitungen von dopaminergen Neuronen im intakten Gehirn der Mäuse konnten sie zeigen, dass die für emotionale und kognitive Verarbeitung zuständigen dopaminergen Neuronen in ihrer elektrischen Aktivität veränderte Muster und Frequenzen aufweisen. Dagegen waren benachbarte Dopamin Neuronen, die vor allem für motorische Aktivität relevant sind, bei nicht betroffen.

    Die Forscher konnten zusätzlich zeigen, dass – analog zu den anhaltenden kognitiven Leistungsschwächen – die veränderten pathologischen Entladungsmuster auch anhalten, wenn man die Schizophrenie auslösenden Gene in erwachsenen Mäusen abschaltet. „Das deutet darauf hin, dass es bei der Schizophrenie eine typische frühe kritische Phase während der Krankheitsentwicklung gibt“, so Roeper. Zurzeit untersuchen er und seine Kollegen, wie die neuronale Aktivität von Dopamin-Neuronen sich während der Arbeitsgedächtnis-Aufgaben verändert. „Unsere Arbeiten zeigen nun auch auf zellulärer Ebene, welche Störungen bei dem für die Schizophrenie so zentralen Dopamin-System vorliegen“, fasst Jochen Roeper die Bedeutung der Forschungsarbeit zusammen.

    Publikation:
    Krabbe et al.: Increased dopamine D2 receptor activity in the striatum alters the firing pattern of dopamine neurons in the ventral tegmental area, in PNAS 9.2.2015, www.pnas.org/cgi/doi/10.1073/pnas.1500450112

    Informationen: Prof. Jochen Roeper, Institut für Neurophysiologie, Campus Niederrad, Tel.: (069)6301-84091, roeper@em.uni-frankfurt.de.

    Die Goethe-Universität ist eine forschungsstarke Hochschule in der europäischen Finanzmetropole Frankfurt. 1914 gegründet mit rein privaten Mitteln von freiheitlich orientierten Frankfurter Bürgerinnen und Bürgern fühlt sie sich als Bürgeruniversität bis heute dem Motto "Wissenschaft für die Gesellschaft" in Forschung und Lehre verpflichtet. Viele der Frauen und Männer der ersten Stunde waren jüdische Stifter. In den letzten 100 Jahren hat die Goethe-Universität Pionierleistungen erbracht auf den Feldern der Sozial-, Gesellschafts- und Wirtschaftswissenschaften, Chemie, Quantenphysik, Hirnforschung und Arbeitsrecht. Am 1. Januar 2008 gewann sie mit der Rückkehr zu ihren historischen Wurzeln als Stiftungsuniversität ein einzigartiges Maß an Eigenständigkeit. Heute ist sie eine der zehn drittmittelstärksten und drei größten Universitäten Deutschlands mit drei Exzellenzclustern in Medizin, Lebenswissenschaften sowie Geisteswissenschaften."

    Herausgeber: Die Präsidentin
    Abteilung Marketing und Kommunikation,
    60629 Frankfurt am Main
    Redaktion: Dr. Anne Hardy, Referentin für Wissenschaftskommunikation Telefon (069) 798 – 1 24 98, Telefax (069) 798 – 763 12531, E-Mail hardy@pvw.uni-frankfurt.de
    Internet: www.uni-frankfurt.de


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    Criteria of this press release:
    Journalists
    Medicine
    transregional, national
    Research results
    German


     

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