Zu dem achtköpfigen Redaktionsteam, das die katholische Kirche zu einer tiefgreifenden Reform aufruft, gehört auch die Frankfurter Theologin Prof. Hille Haker, die zurzeit in Chicago lernt und forscht. Den Reformkatalog haben sich inzwischen, wie in der heutigen Ausgabe der Süddeutschen Zeitung berichtet wird, 144 Professorinnen und Professoren angeschlossen – unter ihnen auch neun aus dem Fachbereich Katholische Theologie der Goethe-Universität.
Neben Hille Haker (Ethik) sind dies: Prof. Thomas M. Schmidt (Religionsphilosophie), Prof. Thomas Schreijäck (Religionspädagogik), Prof. Bernd Trocholepczy (Religionspädagogik), Prof. Knut Wenzel (Fundamentaltheologie) und die Emerti Prof. Johannes Hoffmann (Moraltheologie), Prof. Hans Kessler (Systematische Theologie), Prof Raske (Religionspädagogik) und Prof. Hermann Siller (Praktische Theologie).
Die Wissenschaftler wollen nicht mehr schweigen zu der Kirchenkrise, ausgelöst durch die Fälle sexuellen Missbrauchs und den Umgang damit. Die Unterzeichner, Theologen von vielen deutschsprachigen Universitäten, plädieren für das Ende des Zölibats und fordern, auch Frauen als Geistliche zuzulassen, dem Kirchenvolk mehr Beteiligungsrechte einzuräumen und ein Ende des „moralischen Rigorismus“ einzuläuten. „Wir sehen uns in der Verantwortung, zu einem echten Neuanfang beizutragen: 2011 muss ein Jahr des Aufbruchs für die Kirche werden“, heißt es in dem Memorandum. Signale zu Aufbruch und Dialog, die einige Bischöfe während der letzten Monate in Reden, Predigten und Interviews gesetzt haben, wollen auch die Frankfurter Theologen aufgreifen, die den Reformkatalog unterschrieben haben. Die Handlungsfelder für den geforderten offenen Dialog sind unmissverständlich und eindeutig formuliert. So geht es beispielsweise um die „XXL-Pfarreien“, die unter dem Druck des Priestermangels entstehen:„Priester werden ‚verheizt‘ und brennen aus. Gläubige bleiben aus, wenn ihnen nicht zugetraut wird, Mitverantwortung zu übernehmen.“ Auch der Religionspädagoge Bernd Trocholepczy von der Goethe-Universität beobachtet, wie die anderen Unterzeichner, dass das gemeindliche Leben erodiert: „Kirche als Kirche steht stets vor dem Auftrag, Gott zu den Menschen zu bringen, deshalb muss sie sich auch jetzt wieder neu auf Gott und die Menschen zubewegen.“
Die Theologen sehen durch die Abkehr vieler Gläubiger von ihrer Kirche eine wachsende Kluft zwischen Kirche und moderner Gesellschaft. Dazu der Frankfurter Religionsphilosoph Thomas M. Schmidt, der sich seit Jahren mit dem Verhältnis von Kirche und Gesellschaft beschäftigt: „Ich stehe voll hinter der Analyse, die in diesem Memorandum formuliert wurde: Die Orientierung an der biblischen Freiheitsbotschaft schließt ein differenziertes Verhältnis zur modernen Gesellschaft ein. In mancher Hinsicht ist die Gesellschaft der Kirche voraus, wenn es um die Anerkennung von Freiheit, Mündigkeit und Verantwortung des Einzelnen geht. Hier hat die Kirche Nachholbedarf und kann von gesellschaftlichen Prozessen lernen.“
Informationen: Prof. Dr. Thomas M. Schmidt, Professur für Religionsphilosophie, Fachbereich Katholische Theologie, Campus Westend, Tel. (069) 798-33270, t.schmidt@em.uni-frankfurt.de
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