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30.09.2014 13:27

Universität Kassel begleitet Menschenrechts- und Gerechtigkeitsdebatte in der arabischen Welt

Sebastian Mense Kommunikation, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Universität Kassel

    Nach den arabischen Revolutionen unterstützt die Universität Kassel die philosophischen und zivilgesellschaftlichen Diskurse über die Aufarbeitung der Unrechtserfahrung und die Gestaltung des demokratischen Transformationsprozesses. Nach vier Jahren gemeinsamer Arbeit und kurz vor den Parlamentswahlen in Tunesien lautet ein Fazit der Forschung: Der Wandel Tunesiens zu einer Demokratie ist auf einem guten Weg – nötig ist jedoch unter anderem die Einbeziehung aller demokratischen Kräfte, einschließlich des „moderaten“ politischen Islam.

    Die arabische Welt ist vier Jahre nach einer Welle von Revolutionen in Aufruhr. In vielen Ländern wurden Hoffnungen auf Demokratie enttäuscht oder gar von blutigen Bürgerkriegen begraben. In Tunesien, das mit der „Jasminrevolution“ den Auftakt gab, scheint der Aufbruch zu einer demokratischen Gesellschaft hingegen zu glücken. Vielbeachtet wurde in diesem Zusammenhang in dem nordafrikanischen Land die Zusammenarbeit von Geisteswissenschaftlern der Universitäten Tunis und La Manouba mit der Universität Kassel zur Aufarbeitung von Unrechtserfahrungen.

    Vom 7. bis zum 9. Oktober treffen sich nun rund fünfzig Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler an der nordhessischen Universität zu einer Tagung unter dem Titel „Gerechtigkeit in transkultureller Perspektive“, um eine Bilanz zu ziehen. Es ist die vierte und vorerst letzte internationale Tagung, die vom Institut für Philosophie unter Leitung von Prof. Dr. Walter Pfannkuche koordiniert wird. Im Mittelpunkt der Tagung steht die Frage nach der Gerechtigkeit bei der Aufarbeitung vergangenen Unrechts sowie bei der Herstellung einer nachrevolutionären ökonomischen Ordnung.

    Eine entscheidende Bedeutung kommt dabei der Einbeziehung des politischen Islam zu. „Anders als beispielsweise die Muslimbrüder in Ägypten sind die islamistischen Akteure in Tunesien offenbar zu einer Mitwirkung am demokratischen Willensbildungsprozess bereit“, sagt Projektkoordinator Dr. Sarhan Dhouib, selber gebürtiger Tunesier. Für eine ausgewogene Diskussion sei es auch wichtig, sich mit den Debatten über Gerechtigkeit im arabisch-islamischen Denken der Gegenwart auseinanderzusetzen und sie in den internationalen Gerechtigkeitsdiskurs einzubeziehen. Obwohl Deutschland und Tunesien sowohl die Unrechts-erfahrung unter diktatorischen Regimen, als auch die des demokratischen Aufbruchs und Neuanfangs miteinander teilen, soll es dabei keineswegs um einen bloßen Transfer deutscher und europäischer Ideen in die arabische Welt gehen. „Es ist charakteristisch, dass dabei kein moralischer Diskurs über andere, sondern mit anderen geführt wird“, so Walter Pfannkuche, der Initiator des Projekts.

    Im Rahmen des Programms „Wandel durch Austausch – Deutsch-arabische Transformationspartnerschaften“ förderte der Deutsche Akademische Austauschdienst (DAAD) mit insgesamt 280.000 Euro das Projekt „Verantwortung, Gerechtigkeit und Erinnerungskultur“ und die jetzige Tagung „Gerechtigkeit in transkultureller Perspektive“. Schon kurz nach der „Jasminrevolution“ hatten sich 2011 die Forscherinnen und Forscher in Tunis zur ersten der insgesamt vier Tagungen getroffen. „Es war ein gutes Gefühl, nach den vielen Jahren der Diktatur endlich frei und offen über Themen wie Toleranz, Demokratie und Menschenrechte diskutieren zu können“, berichtet Dhouib. Entsprechend groß sei das zivilgesellschaftliche Interesse an den Veranstaltungen gewesen. Viele Menschen auch ohne akademischen Hintergrund hätten die Tagungen besucht, um mit den Teilnehmerinnen und Teilnehmern zu diskutieren. Mehrere tunesische Fernseh- und Radiosender sowie Zeitungen haben über die Veranstaltungen berichtet.

    Neben den vier Tagungen und drei Workshops ermöglichte der DAAD (Nachwuchs-) Wissenschaftlern aus Deutschland und nordafrikanischen Ländern (Ägypten, Tunesien und Marokko) einen Forschungs- oder Lehraufenthalt an der Universität Kassel und an den Universitäten in Tunesien. Für die Betreuung des Projekts wurde eine Zeitstelle an der Universität Kassel gefördert. Eine Abschlussförderung von 90.000 Euro wird für 2015 beantragt.

    Kontakte:
    Prof. Dr. Walter Pfannkuche
    Projektleiter: Gerechtigkeit in transkultureller Perspektive
    Universität Kassel
    Fachbereich 02 – Geistes- und Kulturwissenschaften
    Institut für Philosophie
    Tel. 0561/804-3548
    E-Mail: walter-pfannkuche@uni-kassel.de

    Dr. Sarhan Dhouib
    Projektleiter: Verantwortung, Gerechtigkeit und Erinnerungskultur
    Universität Kassel
    Fachbereich 02 – Geistes- und Kulturwissenschaften
    Institut für Philosophie
    Tel. 0561/804-3549
    E-Mail: dhouib@uni-kassel.de


    Weitere Informationen:

    http://www.uni-kassel.de/uni/nc/universitaet/nachrichten/article/universitaet-ka...


    Bilder

    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, jedermann
    Philosophie / Ethik, Politik, Recht, Religion
    überregional
    Forschungsprojekte, Kooperationen
    Deutsch


     

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