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15.04.2014 13:02

Der Judaist Peter Schäfer erhält den Dr. Leopold Lucas-Preis 2014

Dr. Karl Guido Rijkhoek Hochschulkommunikation
Eberhard Karls Universität Tübingen

Die Universität Tübingen zeichnet einen international wirkenden Wissenschaftler aus, der durch seine umfassenden Arbeiten zum Judentum zum Völkerverständnis beiträgt

Den diesjährigen Dr. Leopold Lucas-Preis verleiht die Evangelisch-Theologische Fakultät der Universität Tübingen im Namen der Universität Tübingen am 13. Mai 2014 dem emeritierten Lehrstuhlinhaber der Ronald O. Perelman Professorship of Judaic Studies and Professor of Religion an der Princeton University (New Jersey, USA) Professor Dr. Dr. h. c. mult. Peter Schäfer. Sein wissenschaftliches Werk stellt einen herausragenden Beitrag zur Erforschung der Geschichte, der Literatur und der Theologie des antiken und frühmittelalterlichen Judentums dar. Als international in den USA, in Israel und in Deutschland wirkender Wissenschaftler hat er damit auch einen persönlichen Beitrag zum Verstehen der Völker und Kulturen geleistet. Der Dr. Leopold Lucas-Preis ist mit 50 000 Euro dotiert. Mit der Auszeichnung werden Persönlichkeiten gewürdigt, die sich auf den Gebieten der Theologie, der historischen Geisteswissenschaften und Philosophie durch hervorragende Leistungen in besonderer Weise um die Verständigung zwischen Menschen und Völkern sowie um die Verbreitung des Toleranzgedankens verdient gemacht haben.

In seiner wissenschaftlichen Tätigkeit hat sich Peter Schäfer durch seine Editionstätigkeit, nicht minder aber auch durch begleitende analysierende und interpretierende Arbeiten Ansehen erworben. Mit der Hekhalot-Literatur hat er Texte jüdischer Mystik erstmals wissenschaftlich ediert, übersetzt und durch eine Konkordanz erschlossen. Er verantwortet die Edition des Talmud Yerushalmi und gibt dessen Übersetzung heraus, er macht durch die Edition magischer Literatur aus der Kairoer Geniza viele dort aufgefundene Texte erstmals zugänglich. Zudem hat er zentrale Themen der Theologie des Frühjudentums (Heiliger Geist, Engel, Verborgenheit und Offenbarung Gottes, Gottesbilder und Messianismus) monographisch behandelt und die Beziehungen zwischen Judentum und Christentum (Die Geburt des Judentums aus dem Christentum. Fünf Vorlesungen zur Entstehung des rabbinischen Judentums) in Antike und Spätantike und die Entstehung des Judenhasses (Judenhass und Judenfurcht. Die Entstehung des Antisemitismus in der Antike) beleuchtet sowie Überblicksliteratur vorgelegt, unter anderem eine Geschichte der Juden in der Antike. Die Juden Palästinas von Alexander dem Großen bis zur arabischen Eroberung.

Dass Peter Schäfer sich auch für die Etablierung der Judaistik an den Universitäten und deren Verhältnisbestimmung zu den anderen Wissenschaften engagiert hat und dass er sich hinsichtlich der Zusammenhänge zwischen Monotheismus und der Ausübung von Gewalt in einen öffentlichen Diskurs mit Jan Assmann begeben hat, tritt unübersehbar zu seinem hochangesehenen Wirken als Forscher hinzu. So zählt er zu den bedeutendsten Judaisten der Gegenwart und strahlt weit über die Grenzen des Faches hinaus aus.

Peter Schäfer, 1943 in Mülheim (Ruhr) geboren, wurde nach Studium der katholischen Theologie, Philosophie und Judaistik in Bonn und an der Hebräischen Universität Jerusalem in Freiburg zum Dr. phil. promoviert. Danach war er als Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institutum Judaicum in Tübingen tätig und habilitierte sich 1973 in Judaistik an der Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt (Main). Schon 1974 außerplanmäßiger Professor für Judaistik am Martin Buber-Institut Köln, wurde ihm dort 1982 eine ordentliche Professur übertragen. Von 1983 an wirkte er als Direktor des Instituts für Judaistik an der Freien Universität Berlin, bevor er 1998 Member and Visiting Mellon Professor am Institute for Advanced Studies in Princeton (USA) wurde. Dort berief man ihn 2003 auch zum ersten Lehrstuhlinhaber der Ronald O. Perelman Professorship of Judaic Studies und Professor of Religion; 2005 wurde er Direktor des dortigen Studienprogramms in Judaistik. Zudem hat er zahlreiche Gastprofessuren wahrgenommen, so in Oxford, Jerusalem und Yale. Mit der theologischen Ehrendoktorwürde wurde er 1993 in Utrecht (Niederlande) ausgezeichnet sowie 2007 mit der philosophischen Ehrendoktorwürde der Universität Tel Aviv (Israel) geehrt. Seit 1997 ist Schäfer Foreign Member der American Philosophical Society, 2002/03 wurde er Fellow am Historischen Kolleg in München, 2007/2008 am Berliner Wissenschaftskolleg. Er ist unter anderem ordentliches Mitglied der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften. Auch durch Preisverleihungen ist Peter Schäfer ausgezeichnet worden – herausragend in Deutschland durch den Leibniz-Preis 1994 und in den USA durch den renommierten „Andrew W. Mellon Foundation Distinguished Achievement Award“ 2006 für seine Initiative, die Tradition jüdischer Studien in Deutschland wiederzubeleben.

Der Dr. Leopold Lucas-Preis wurde 1972 von dem im Juli 1998 verstorbenen Generalkonsul Franz D. Lucas, Ehrensenator der Eberhard Karls Universität Tübingen, aus Anlass des 100. Geburtstags seines Vaters, des jüdischen Gelehrten und Rabbiners Dr. Leopold Lucas, gestiftet. Dr. Leopold Lucas hat einst in Marburg (Lahn) gewirkt und kam im Konzentrationslager Theresienstadt ums Leben kam. Den zum Gedächtnis an Dr. Leopold Lucas gestifteten Preis darf die Evangelisch-Theologische Fakultät alljährlich im Namen der Universität Tübingen verleihen.

Zu den bisherigen Preisträgern gehören Gelehrte wie Schalom Ben-Chorin (1974), Karl Raimund Popper (1981), Karl Rahner (1982), Fritz Stern und Hans Jonas (1984), Paul Ricoeur (1989), Moshe Zimmermann (2002), Yosef Hayim Yerushalmi (2005), Dieter Henrich (2008) und Seyla Benhabib (2012), aber auch Repräsentanten religiösen Lebens wie der 14. Dalai Lama Tenzin Gyatso (1988), der polnische Erzbischof Hendrik Muszynski (1997) und der evangelische Bischof Eduard Lohse (2007) sowie Vertreter aus Kultur und Politik wie der senegalesische Dichter und Staatspräsident Léopold Sédor Senghor (1983) und der deutsche Altbundespräsident Richard von Weizsäcker (2000). Im vorigen Jahr wurde der Preis dem italienischen Philosophen Giorgio Agamben verliehen.

Die Preisverleihung findet in diesem Jahr am Dienstag, 13. Mai 2014, um 17.15 Uhr statt im Festsaal der Neuen Aula der Eberhard Karls Universität Tübingen, Geschwister-Scholl-Platz.

Kontakt:
Prof. Dr. Jürgen Kampmann, Prof. Dr. Friedrich Hermanni und Prof. Dr. Christof Landmesser
Dekanat der Evangelisch-Theologischen Fakultät
Universität Tübingen
Telefon +49 7071 29-72538
ev.theologie[at]uni-tuebingen.de


Bilder

Ergänzung vom 16.04.2014

Korrektur:
Im 5. Absatz zum Dr. Leopold Lucas-Preis und dem jüdischen Gelehrten und Rabbiner Dr. Leopold Lucas muss es richtig heißen: "Dr. Leopold Lucas, in Marburg (Lahn) 1872 geboren, kam 1943 im Konzentrationslager Theresienstadt ums Leben." Seine Wirkungsstätte war nicht in Marburg.


Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, Wissenschaftler
Gesellschaft, Philosophie / Ethik, Religion
überregional
Wettbewerbe / Auszeichnungen
Deutsch


 

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