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25.05.2000 09:58

Geomechanisches Kolloquium zum 80. Geburtstag von Professor Dr. Wolfgang Dreyer

Jochen Brinkmann Kontaktstelle Schule - Universität
Technische Universität Clausthal

    Zu Ehren des achtzigsten Geburtstages von Professor Dr. rer.nat. habil. Wolfgang Dreyer lud das Institut für Aufbereitung und Deponietechnik, ausgerichtet von Professor Dr. Ing. habil. Karl-Heinz Lux, am Freitag, den 19. Mai zu einem "Geomechanischen Kolloquium" ein. Rund 100 Gäste waren der Einladung gefolgt. Sechs Vortragende berichteten - mit einem Schwerpunkt bei der Gebirgsmechanik im Salz - über aktuelle Trends der Praxis und Forschung.

    Unter wissenschaftshistorischen und menschlichen Gesichtspunkten von besonderem Interesse war der Vortrag von Dr.-Ing. Wolfgang Menzel, Institut für Gebirgsmechanik GmbH, Leipzig, über das wissenschaftliche Engagement von Professor Dreyer in den sechziger und siebziger Jahren und sein Einfluß auf die Entwicklung der Salzmechanik in Ostdeutschland.

    Auf der internationalen Gebirgsdrucktagung in Leipzig 1958 wurde der Gedanke einer Zusammenarbeit der ost- und westeuropäischen Gebirgsdruckforscher geboren, deren Zielsetzung es sein sollte, zu einer besseren Beherrschung des Gebirges zu kommen. Die Arbeit des Bergmannes sicherer gestalten, Lagerstätten besser nutzen, die Ökonomie des Bergbaus heben, und die politische Ost-Westkonfrontation durch wissenschaftliche Zusammenarbeit mildern, das erstrebten die ostdeutschen Wissenschaftler mit ihrer Initiative. 1959 wurde ein internationales Büro für Gebirgsmechanik in Leipzig begründet.

    Dr. Menzel und Dr. Dreyer begegneten sich zum ersten Male im Rahmen des vierten Ländertreffens des internationalen Büros für Gebirgsmechanik im November 1962 in Leipzig. Professor Dr. Höfer hatte ihm mit auf den Weg gegeben: "Schauen Sie sich an, was der Dr. Dreyer macht, in der Richtung müssen wir in Leipzig auch arbeiten." Wolfgang Dreyers vorsichtige Skepsis gegenüber der zeittypischen "Rechnergläubigkeit" jener Jahre und seine Maxime, mathematische Modellansätze nur dann zu wählen, wenn die Möglichkeit besteht, die Gesteinsparameter auch tatsächlich physikalisch zu messen, erwies sich als richtige Strategie. Professor Dreyer erkannte frühzeitig die Bedeutung der Gefügekunde für die Festigkeitsuntersuchungen im Salz, insbesondere zum besseren Verständnis des Langzeitkriechprozesses.

    In Ost- und Westdeutschland wurden Ende der 60ziger Jahre Salzgesteine für die Untertagespeicherung und die Vorbereitung der Endlagerung radioaktiver Abfälle auserkoren. Professor Dreyers wissenschaftliche Arbeiten fokussierten sich daher auf modellmechanische Untersuchungen zur Abschätzung der Standsicherheit von kavernenartigen Hohlräumen im Salzgebirge und die Analyse gebirgsmechanischer Probleme bei der Tiefspeicherung von Erdöl und Erdgas.

    Zur gleichen Zeit, nach zehn intensiven Jahren wissenschaftlichen Austauschs, beschloß die DDR-Staatsführung, alles, was nicht der Anerkennungspolitik (unmittelbar) diene, sei zu unterlassen - und löste das internationale Büro für Gebirgsmechanik in Leipzig auf. Die Kontakte froren ein. In Ost und West setzte auf dem Feld der Gebirgsmechanik über 20 Jahre eine getrennte Entwicklung ein.

    Dr. Menzel: "Die Wiedervereinigung Deutschlands im Jahre 1990 gab uns die Chance, Trennendes zu beseitigen und anfängliche Verständigungsschwierigkeiten abzubauen. Im Arbeitskreis Salzmechanik der Deutschen Gesellschaft für Erd- und Grundbau traf ich Professor Dreyer wieder. Zwischen uns gab es weder Berührungsängste noch Vorbehalte. Ich glaube, daß gesellschaftliche Systeme weniger die Charaktere beeinflussen als es Politiker und Philosophen oft wahrhaben möchten. Ich habe in Professor Dreyer einen Menschen kennen und schätzen gelernt, der mit viel Enthusiasmus seiner wissenschaftlichen Arbeit nachgegangen ist. Professor Dreyer hatte dabei immer ein offenes Ohr und ein Herz für die Probleme der Menschen in Ostdeutschland. Er war bestrebt, durch sein aktives wissenschaftliches Auftreten in Leipzig und Freiberg der politischen Konfrontation die wissenschaftliche Kooperation entgegen zu setzen."

    Die weiteren Vorträge behandelten technische Fragen der Versatzarbeiten im Salzbergwerk Asse und ihrer geomechanischen Wirkung (Dipl.-Geol. Schmidt), Forschungsarbeiten im Hinblick auf den langzeitsicheren Verschluß ehemaliger Salzkavernen (Dipl.-Ing. Crotogino) und zur Verantwortbarkeit der Endlagerung radioaktiver Abfälle (Prof. Dr. Langer) - vor dem Hintergrund der derzeitigen Diskussion über einen Energiekonsens ein aktuelles und weit in die Politik hineinreichendes Thema.

    Nach einem Vortrag über die vorbereitenden wissenschaftlichen Arbeiten zur Erarbeitung des Langzeitsicherheitsnachweises für das ehemalige Versuchsendlager Asse (o.Prof. Dr.-Ing. Natau), skizzierte schließlich Prof. Dr.-Ing. Karl Heinz Lux in seinem Vortrag schwerpunktmäßig die Entwicklung der bergmännischen Gebirgsmechanik an der TU Clausthal von den Anfängen in den fünfziger Jahren bis heute und deren Einbettung in die Geotechnik als eines ihrer Kernfächer. Professor Lux: "Dieses interdisziplinäre Ingenieurfach kann seit einigen Jahren an der TU Clausthal in einer eigens entwickelten Studienrichtung studiert werden. Dabei werden die Geowissenschaften mit dem Bergbau und dem Bauwesen als den grundlegenden Ingenieurwissenschaften verknüpft, so daß hier eine neue Studienrichtung entstanden ist, die gegenüber der geotechnischen Ausbildung an anderen Universitäten ihre Spezifika aufweist und in der Zukunft hoffentlich regen Zulauf finden wird."

    Abschließend bedankte sich Professor Dreyer bei Gästen und Vortragenden mit launigen, hintergründigen Worten für das zu seinen Ehren veranstaltete Festkolloquium.


    Bilder

    Wissenschaft als Brücke zwischen Ost und West: Professor Dr. W. Dreyer (rechts) hielt zu Zeiten des Kalten Krieges so weit möglich Kontakt zu ostdeutschen Forschern. (links im Bild: Frau Dreyer)
    Wissenschaft als Brücke zwischen Ost und West: Professor Dr. W. Dreyer (rechts) hielt zu Zeiten des ...

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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Geowissenschaften
    regional
    Personalia
    Deutsch


     

    Wissenschaft als Brücke zwischen Ost und West: Professor Dr. W. Dreyer (rechts) hielt zu Zeiten des Kalten Krieges so weit möglich Kontakt zu ostdeutschen Forschern. (links im Bild: Frau Dreyer)


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