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Veranstaltung



02.11.2006 - 02.11.2006 | Mainz

Altern und Alzheimer

(Mainz, 19. Oktober 2006, lei) Aus Anlass des einhundertsten Jahrestages der Erstbeschreibung der Alzheimerschen Krankheit veranstaltet das Interdisziplinäre Forschungszentrum für Neurowissenschaften (IFZN) der Johannes Gutenberg-Universität Mainz am 2. November 2006 das Symposium "Altern & Alzheimer". "Wir wollen mit dem Symposium den Bogen von den naturwissenschaftlich-klinischen Grundlagen der Erkrankung zum Altern an sich und seinen demographischen, gesellschaftlichen und philosophischen Aspekten spannen", teilt der Sprecher des IFZN, Univ.-Prof. Dr. Christian Behl, zu der Veranstaltung mit. Nach der Begrüßung durch den Präsidenten der Universität, Univ.-Prof. Dr. med. Jörg Michaelis, werden Prof. Behl und fünf weitere Referenten das Thema aus jeweils unterschiedlicher Perspektive erörtern.

Das Thema Altern geht uns alle an

Die meisten Menschen möchten sehr gerne alt werden, aber kaum einer möchte alt sein. Der Begriff "Altern" wird zumeist unwillkürlich zusammengebracht mit Abbau und Krankheit und nicht etwa mit Altersweisheit und Erfahrung. Die bedeutendste Alterserkrankung des zentralen Nervensystems ist die Alzheimer Demenz, die mit der Überalterung unserer Gesellschaft immer häufiger auftreten wird. Weder die molekularen Grundlagen des Alternsprozesses, noch der Alzheimer Krankheit sind wirklich bis ins letzte Detail verstanden. Aber klar ist, dass der Anteil der alten Menschen in unserer Gesellschaft und damit die Anforderungen an Politik und Medizin sich erheblich verändern werden, und dass sich der vielfach momentan in unserer Gesellschaft abgebildete "Jugendwahn" nicht mehr lange halten wird. Es ist hohe Zeit, sich gesellschaftlich, aber vor allem auch grundlagenwissenschaftlich, mit dem Altern des Menschen und den sich daraus ergebenden Erkrankungen, vor allen Dingen des Nervensystems, noch intensiver zu beschäftigen, um den zukünftigen Herausforderungen entsprechend begegnen zu können. Das Symposium "Altern & Alzheimer", veranstaltet vom Interdisziplinären Forschungszentrum für Neurowissenschaften (IFZN), wird dieses Thema aus soziologischer, grundlagenwissenschaftlicher, klinischer sowie philosophischer Sicht diskutieren.

* * *

Weltweit sind während der vergangenen Jahrzehnte in den Industrienationen die Kinderzahlen zurückgegangen. Allerdings gibt es starke regionale Unterschiede, denn dieser Rückgang war nicht überall gleich stark. Deutschland gehört mit weniger als 1,4 Kindern je Frau zu den an Nachwuchs ärmsten Staaten der Welt. Gleichzeitig erhöht sich der Anteil der älteren Mitbürger in unserer Gesellschaft aus unterschiedlichen Gründen, vor allen Dingen bewirkt durch eine verbesserte medizinische Versorgung, sehr stark, so dass nach aktuellen Zahlen im Jahre 2050 fast jeder dritte Bürger 60 Jahre oder älter sein wird. Diese Bevölkerungsentwicklung, die demographische Lage der Nation mit ihren Konsequenzen für Politik und Gesellschaft, wird in einem Vortrag von Reiner Klingholz aus Berlin vorgestellt.

Auf den Tag genau vor 100 Jahren, also im November 1906, hat Aloys Alzheimer erstmals über die später nach ihm benannte, neuartige und "eigenartige Erkrankung der Hirnrinde" auf einem wissenschaftlichen Symposium berichtet. Was damals als eher zufällige Entdeckung und wenig relevant für die Neurologie und Psychiatrie kaum Aufmerksamkeit erregte, ist heute eine Bedrohung für die überalterten Gesellschaften der Industrienationen. Die Alzheimer Demenz, die zum Verlust der geistigen Fähigkeiten und somit zu einem allmählichen Verlust der eigenen Persönlichkeit führt, ist auch heute noch nicht heilbar. Obwohl diese Erkrankung immer häufiger auftritt und mit verbesserten diagnostischen Methoden erfasst werden kann, wird sie in der Gesellschaft immer noch sehr stark tabuisiert und ist in der öffentlichen Diskussion häufig nur eine Randnotiz. Wer lässt sich mit dem Verlust des eigenen Verstandes schon gerne öffentlich in Verbindung bringen? Während beispielsweise Krebserkrankungen von bedeutenden Persönlichkeiten Anlass geben zu öffentlichem Fundraising und anderen unterstützenden Aktivitäten, scheint die Alzheimer Krankheit sich zumeist in der Abgeschiedenheit von Pflegeheimen oder betreuenden Familien im Stillen abzuspielen. Michael Jürgs aus Hamburg wird einiges zur Person Aloys Alzheimer, aber auch zum gesellschaftlichen Tabu "Alzheimer Krankheit" sowie zu an dieser Erkrankung verstorbenen Prominenten berichten.

Aufgrund der großen Bedeutung der Alzheimer Krankheit werden die molekularen Grundlagen auf der Suche nach einer Heilungsmöglichkeit weltweit intensiv erforscht. Auch an der Universität Mainz befasst sich eine ganze Reihe von Grundlagenwissenschaftlern und Klinikern mit dem Entstehen der Alzheimer Krankheit sowie mit neuen Ansätzen zur Vorbeugung und Therapie. Auf der Suche nach dem krankheitsauslösenden Signal wird von den meisten Neurowissenschaftlern ein kleines Protein (Amyloid-Protein) favorisiert, das sich im Gehirn von Alzheimer Patienten im Übermaß ablagert. Diese Proteinaggregate stören die Signalweiterleitung zwischen den Nervenzellen und schwächen das Gerüst der vom Amyloid umgebenen Hirnzellen. In dem Vortrag von Falk Fahrenholz aus Mainz werden verschiedene experimentelle, kausal wirkende Ansätze zur Behandlung der Alzheimer Erkrankung vorgestellt, die zumeist darauf abzielen, die Bildung und Ablagerung der krankhaften Proteine zu verhindern. Mittelfristig besteht die Hoffnung, dass einige der Substanzen, die sich aktuell in verschiedenen Studienphasen befinden, in Zukunft zur Prävention und Therapie der Alzheimer Erkrankung dienen könnten.

Während die Grundlagenwissenschaftler intensiv auf der Suche nach effektiven und kausal wirkenden Therapieansätzen sind, und eine Vielzahl von Fortschritten bereits erreicht wurde, muss im klinischen Alltag bei der Behandlung von Alzheimer Patienten auf Substanzgruppen zurückgegriffen werden, die ausschließlich die Symptome der Erkrankung verbessern können. Abhängig vom individuellen Patienten kann der Krankheitsprozess, d.h. das verstärkte Vergessen und das Auflösen der Erinnerungsfähigkeit des Menschen, abgeschwächt oder verzögert werden. Dabei gilt zu beachten, dass jeder zeitliche Aufschub eine große Hilfe für den Patienten und die betreuenden Angehörigen ist. Im Vortrag von Isabella Heuser aus Berlin werden die aktuellen Behandlungsmöglichkeiten der Alzheimer Krankheit vorgestellt und Möglichkeiten, und vor allem auch Grenzen, einer Anti-Alzheimer-Therapie diskutiert.

Warum altern die Zellen? Weshalb entartet eine Zelle und wird zur Krebszelle, die sich unendlich teilt, während die Nervenzellen im Gehirn ihre Teilungsfähigkeit verlieren und mit dem Alter langsam ihre Funktion? Um solche Fragen beantworten zu können, müssen die biochemischen Grundlagen des zellulären Alterns erforscht werden. Das Altern ist seit Jahrzehnten Inhalt einer Vielzahl von Forschungsansätzen, die vor allen Dingen einzelne kultivierte Zellen und Tiermodelle einsetzen. Verschiedentlich wurden Gene beschrieben, die die Lebensspanne eines Modellorganismus erheblich verlängern bzw. drastisch abkürzen können. Auch eine Vielzahl von pathobiochemischen Signalen, die mit dem Altern verstärkt in allen Zellen auftauchen (z.B. oxidativer Stress), ist gut beschrieben. Dennoch gibt es bis heute keine alle Teilaspekte umfassende Theorie des Alterns, sondern eine Vielzahl von Hypothesen, die der Alternsforschung als Grundlage dienen. Im Vortrag von Christian Behl aus Mainz wird erklärt, was man heute über das Altern einzelner Zellen, aber auch über die Einflussfaktoren des Alternsprozesses weiß, und wie sich Altern auf die Entwicklung neurodegenerativer Prozesse (Alzheimer Krankheit) auswirkt.

Die Erfahrung von Endlichkeit und Vergänglichkeit, die Angst vor Einsamkeit, Krankheit und Tod sowie die Suche nach sinnstiftenden Lebenszusammenhängen sind Bestandteile der conditio humana, die sich insbesondere im Alter intensivieren. Seit der Antike bis heute sind Grundeinstellungen des Menschen zum Alter Gegenstand vielfältiger philosophischer Überlegungen. Die Philosophie des Alters und des Alterns hat nicht nur eine rein wissenschaftliche Bedeutung, sondern sollte Anregung sein, über Dinge wie Lebenssinn, Krankheit und Tod neu nachzudenken. Im Vortrag von Elke Brendel aus Mainz werden einige wichtige philosophische Aspekte des Alterns sowie die Herausforderungen und Aufgaben der Philosophie angesichts einer immer älter werdenden Gesellschaft diskutiert.

Vortragende

Dr. Reiner Klingholz, Direktor des Berlin-Instituts für Bevölkerung und Entwicklung, Berlin
Michael Jürgs, Autor und Journalist, Hamburg
Prof. Dr. Dr. Falk Fahrenholz, Leiter des Instituts für Biochemie, Universität Mainz
Prof. Dr. Isabella Heuser, Direktorin der Klinik und Hochschulambulanz für Psychiatrie und Psychotherapie, Charité Berlin
Prof. Dr. Christian Behl, Leiter des Instituts für Physiologische Chemie und Pathobiochemie, Sprecher des IFZN, Universität Mainz
Prof. Elke Brendel, Philosophisches Seminar, Universität Mainz

Hinweise zur Teilnahme:

Termin:

02.11.2006 13:00 - 18:00

Veranstaltungsort:

Johannes Gutenberg-Universität Mainz
Alte Mensa
Atrium maximum/minimum
Becherweg 5
Campus der Universität
55099 Mainz
Rheinland-Pfalz
Deutschland

Zielgruppe:

Wissenschaftler, jedermann

E-Mail-Adresse:

Relevanz:

überregional

Sachgebiete:

Ernährung / Gesundheit / Pflege, Gesellschaft, Medizin

Arten:

Eintrag:

19.10.2006

Absender:

Petra Giegerich

Abteilung:

Kommunikation und Presse

Veranstaltung ist kostenlos:

ja

Textsprache:

Deutsch

URL dieser Veranstaltung: http://idw-online.de/de/event18522


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